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Kreislaufwirtschaft als Chance für das Handwerk

Anfang April lud die Handwerkskammer für München und Oberbayern gemeinsam mit dem Ressourcen Forum Austria und weiteren Projektpartnern zur Veranstaltung „Nachhaltigkeit im Handwerk – Kreislaufwirtschaft als Chance für Unternehmen“ ins Bildungszentrum Traunstein ein. Die Veranstaltung fand im Rahmen des EUREGIO-Kleinprojekts „Kreislaufwirtschaft ins Handwerk“ (INTERREG Österreich–Bayern 2021–2027) statt und bot eine gelungene Mischung aus Fachimpulsen, Praxisbeispielen und Raum für Diskussion und Vernetzung.

Veranstaltung im Rahmen eines geförderten EUREGIO-Kleinprojekt des EU-Programms INTERREG Österreich-Bayern 2021-2027

Impulse für die Zukunft des Handwerks

Nach den einleitenden Worten von Franz Ertl, dem Leiter des Bildungszentrums Traunstein, eröffnete Antonia Hoffmann (DFGE – Institute for Energy, Ecology and Economy GmbH) die Fachvorträge mit einer Einführung in die Grundlagen und Potenziale der Circular Economy im Handwerk. Sie machte deutlich: Die Kreislaufwirtschaft ist kein kurzfristiger Trend, sondern ein zentrales Element für zukunftsfähige Wertschöpfung im Handwerk.

In ihrem Vortrag erläuterte sie den Wandel vom linearen zum zirkulären Wirtschaftsmodell und stellte den 10R-Strategien vor – von „Refuse“ über „Reuse“ bis „Recycle“. Dabei präsentierte sie Ergebnisse aus ihrer empirischen Studie, die zeigten, dass viele Handwerksbetriebe bereits erste zirkuläre Praktiken anwenden – etwa durch Reparaturangebote, Materialrückführung oder die gemeinsame Nutzung von Maschinen. Gleichzeitig bestehen nach wie vor erhebliche Informationsdefizite: Ein Großteil der Betriebe fühlt sich von bisherigen Angeboten zum Thema Kreislaufwirtschaft nicht angesprochen.

Anhand von Fallbeispielen aus verschiedenen Gewerken – u. a. Zimmerei, Metallbau und Textilreinigung – illustrierte Hoffmann konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zirkulärer Strategien. Von der Wiederverwertung gebrauchter Materialien bis hin zur Etablierung von Leasingmodellen in der Textilwirtschaft wurde deutlich: Kreislaufwirtschaft ist im Handwerk bereits vielfach Realität – auch wenn noch viel Potenzial brachliegt.

Regionale Initiativen und Potenziale nutzen

Im Anschluss stellte Rosanna Haider, Projektleiterin für Kreislaufwirtschaft bei der Chiemgau GmbH, die Initiative „Circular Rural Regions“ vor. Ziel des Projekts ist es, regionale Stoffströme zu analysieren und daraus Ansätze für mehr Kreislaufwirtschaft zu entwickeln – insbesondere in ländlichen Räumen. Die Chiemgau GmbH unterstützt Unternehmen im Aufbau zirkulärer Geschäftsmodelle und bietet regelmäßig Workshops, Arbeitsgruppen und Netzwerkveranstaltungen an. Besonders hervorzuheben ist die methodisch fundierte Stoffstromanalyse, die konkrete Ansatzpunkte für Materialeinsparung, Wiederverwertung und neue Wertschöpfungsketten liefern soll. Haider betonte, dass Kreislaufwirtschaft nicht nur zur Erreichung globaler Klimaziele beiträgt, sondern auch wirtschaftlich attraktiv ist: Durch neue Geschäftsmodelle, Einsparungen bei Materialkosten und die Reduktion von Abhängigkeiten gegenüber globalen Lieferketten ergeben sich neue Chancen – gerade für kleinere Betriebe im Handwerk.

Ein Blick in die Praxis: Baustoffrecycling bei Moosleitner

Wie Kreislaufwirtschaft im Bauwesen konkret funktionieren kann, zeigte Matthias Moosleitner, Geschäftsführer der Moosleitner GmbH. Das Unternehmen aus dem Berchtesgadener Land setzt seit Jahren auf konsequente Wiederverwertung von Baumaterialien. Statt auf Deponien landen Bauschutt, Ziegel und Asphalt im eigenen Recyclingprozess und werden für neue Bauprojekte wiederverwendet. Ein besonderes Augenmerk legt der Betrieb auf sortenreine Trennung beim Rückbau sowie auf umweltschonende Verfahren.

Gleichzeitig betonte Moosleitner auch die Hürden bei der praktischen Umsetzung: Normen, Unsicherheiten bei der Haftung sowie ein hoher Aufwand bei Dokumentation und Genehmigung bremsen oft den Fortschritt. Auch das notwendige Wissen zur Kreislaufwirtschaft sei nicht flächendeckend verfügbar. Es brauche klare rechtliche Vorgaben und mehr Unterstützung, damit solche Ansätze im Handwerk Schule machen können.

Diskussion, Herausforderungen und politische Rahmenbedingungen

In einer abschließenden Podiumsdiskussion mit den drei Referierenden wurde das Thema vertieft. Diskutiert wurden unter anderem die Barrieren bei der Umsetzung – darunter fehlende rechtliche Rahmenbedingungen, Unsicherheit bei Haftungsfragen und begrenzte personelle Ressourcen in kleinen Handwerksbetrieben. Gleichzeitig zeigte sich aber auch, dass viele Betriebe ein starkes Interesse an zirkulären Lösungen haben – insbesondere wenn es um praxisnahe, wirtschaftlich tragfähige Ansätze geht.

Moderiert wurde die Runde von der Handwerks- und Nachhaltigkeitsexpertin Adriana Bär. Die Diskussion zeigte klar: Es braucht neben betrieblichen Initiativen auch gezielte politische Unterstützung, etwa durch Förderprogramme, Weiterbildungsangebote und eine stärkere öffentliche Sichtbarkeit von Best-Practice-Beispielen

Take-Home-Messages
  • Zirkuläre Strategien wie Reparaturservices, Rückbau, Wiederverwendung und Materialeffizienz werden in manchen Handwerksbetrieben bereits erfolgreich umgesetzt.

  • Hemmnisse wie unklare rechtliche Vorgaben, fehlende Kapazitäten und Unsicherheiten bei der Haftung bremsen den breiten Einsatz zirkulärer Praktiken – gerade bei kleineren Betrieben.

  • Regionale Netzwerke wie das Projekt „Circular Rural Regions“ im Chiemgau schaffen praktische Zugänge zu Kreislaufwirtschaft.

  • Das Interesse im Handwerk ist da, aber es braucht gezielte Unterstützung, etwa durch Austauschplattformen, Fördermittelberatung und Weiterbildungsangebote, um konkrete Umsetzungsschritte anzustoßen.

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(13.05.2025)

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