Betriebsberatung zu mehr Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz – wie geht das?
Gerade kleine und mittelgroße Betriebe sind oft von der Vielzahl an Aufgabenfeldern für ein effizientes Wirtschaften in Kreisläufen überfordert, denn Kreislaufwirtschaft ist mehr als Recycling. Deshalb kommt der externen Beratung eine große Rolle zu. Wie Betriebsberatung bei der Analyse und Identifikation von Kreislaufwirtschaftsmaßnahmen und dem Verringern von Ressourcenverbräuchen beitragen kann, diskutierten BeraterInnen der UFI-Regionalprogramme der Bundesländer, VertreterInnen produzierender Betriebe und weitere ExpertInnen am 27. April 2022 bei einem Webinar.
Die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft ist aktuell in aller Munde, gilt sie doch als wesentlicher Ansatz um den Ressourcenverbrauch zu reduzieren und um Klimaschutz auch abseits der Energiewende zu betreiben. Die Umsetzung konkreter betrieblicher Projekte und Maßnahmen ist allerdings vielen Betrieben nach wie vor unklar. Gerade kleine und mittelgroße Betriebe sind oft von der Vielzahl an Aufgabenfeldern für ein effizientes Wirtschaften in Kreisläufen überfordert, denn Kreislaufwirtschaft ist mehr als Recycling. Deshalb kommt der externen Beratung eine große Rolle zu. Wie Betriebsberatung bei der Analyse und Identifikation von Kreislaufwirtschaftsmaßnahmen und dem Verringern von Ressourcenverbräuchen beitragen kann, diskutierten BeraterInnen der UFI-Regionalprogramme der Bundesländer, VertreterInnen produzierender Betriebe und weitere ExpertInnen am 27. April 2022 bei einem Webinar. Das Webinar organisiert von Ressourcen Forum Austria war Teil der “Webinarreihe zur Förderung von Kreislaufwirtschaftsaktivitäten in Österreichs Produktionsbetrieben“, finanziert durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
Ohne Ressourcenwende keine Klimaneutralität
In seiner Einleitung zeigte Andreas Van-Hametner, Geschäftsführer des Ressourcen Forum Austria deutlich auf, wie wesentlich Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz neben der Energie- und Mobilitätswende zur Beantwortung der aktuellen Umweltprobleme sind. Ohne Ressourcenwende wird uns Klimaneutralität nicht gelingen. Zum anderen betonte er die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft als Zukunfts- und Entwicklungsthema für die heimischen Betrieben. Setzen Produktionsbetriebe stärker auf Kreislaufwirtschaft, können sie ihre Materialkostenanteile reduzieren, ihren Materialbezug unabhängiger gestalten und so den Auswirkungen von Preisschwankungen und Knappheiten vorbeugen. Außerdem können sie so vorbeugend und frühzeitig auf zukünftige ordnungspolitische Änderungen reagieren und sich als frontrunner auch in der Öffentlichkeit positiv abheben.
Die aktuelle Kreislaufwirtschaftsstrategie
Aktuell kommt mit der neuen Kreislaufwirtschaftsstrategie des österreichischen Klimaschutzministeriums Bewegung in diese Thematik. Sie ist die österreichische Antwort auf den Problemkreis aus hohem Ressourcenverbrauch, Abhängigkeiten, dem Überschreiten der planetaren Grenzen und möchte das lineare Wirtschaftssystem von Bregenz bis Eisenstadt in ein Wirtschaften in Kreisläufen umgestalten.
Auf die Frage, wie zirkulär Österreich bislang ist, konnte Andreas Tschulik, Leiter der Abteilung für integrierte Produktpolitik, betrieblicher Umweltschutz und Umwelttechnologie noch kein zufriedenstellendes Bild zeichnen. Zwar ist Österreich bekanntermaßen gut bei Recycling und in der Umweltwirtschaft, doch bei Wiederverwendung, Reparatur und Refurbishment – drei der Hauptgrundsätze der Kreislaufwirtschaft – ist noch deutlicher Ausbaubedarf. Großer Handlungsbedarf zeigt sich insgesamt beim Verbrauch von Primärrohstoffen. Sowohl der inländische Materialverbrauch (DMC), der Materialfußabdruck (MF) als auch die Bodenversiegelung liegen in Österreich teils deutlich über dem EU-Schnitt. Vor diesem Hintergrund skizzierte Andreas Tschulik die Vision und Zielsetzung der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie mit folgenden konkreten Zielen:
- Reduktion des Materialfußabdruck auf 7 Tonnen pro Kopf/Jahr (2050)
- Reduktion des inländischen Materialverbrauchs auf 14 Tonnen pro Kopf/Jahr (2030)
- Steigerung der Ressourcenproduktivität um 50% (2030)
- Steigerung der Zirkularitätsrate auf 18% (2030)
- Reduktion des Konsums privater Haushalte um 10% (2030)
Um diese Ziele zu erreichen, soll ein Mix aus unterschiedlichen Politikinstrumenten, von rechtlichen Rahmenbedingungen über Marktanreize, Forschungsförderungen und betrieblicher Förderungen eingesetzt werden. Dabei setzt das BMK auf mehrere Branchen- bzw. Transformationsschwerpunkte: Bauwirtschaft & Infrastruktur, Mobilität, Kunststoffe & Verpackungen, Textilwirtschaft, Elektro- und Elektronikgeräte, Biomasse sowie Abfälle & Sekundärressourcen. Wesentlicher Umsetzungspartner ist aus Sicht des BMK dabei die Betriebsebene. Diese soll in branchenübergreifender Zusammenarbeit gefördert werden und über Weiterbildungsprogramme Wissen und Kompetenz in den Betrieben aufbauen
Zwei wesentliche, bereits bestehende Instrumente zur Forcierung der Kreislaufwirtschaft sind einerseits die Umweltförderung Inland (UFI) und die FTI-Initiative Kreislaufwirtschaft. Die UFI berücksichtigt seit der UFG-Novellierung in diesem Jahr nun auch noch deutlicher Kreislaufwirtschaft als Förderungsziel, die FTI-Initiative ist eine thematische Ausschreibung für Forschungsprojekte zum Kreislaufwirtschaft mit einer Gesamtdotation im Jahr 2022 von 30 Millionen Euro. (Die aktuelle Ausschreibung finden Sie hier). Zusätzlich setzt das BMK aus Mitteln der europäischen Recovery und Resilience Facility den österreichweiten Reparaturbonus und die Förderung von Infrastrukturen für Mehrweg-Getränkeverpackungen um.
Einstieg in die Ressourcenberatung
Um die Zielsetzungen der BMK Kreislaufwirtschaftsstrategie mit Leben zu füllen, bedarf es vor allem konkreter Kreislaufwirtschafts- und Ressourceneffizienzmaßnahmen auf der betrieblichen Ebene. Der Blick von außen stellt dabei oft einen wesentlichen Impuls dar, um die großen bestehenden Potentiale zu Einsparungen zu heben, so Johannes Fresner, STENUM GmbH in seinem Beitrag zum Einstieg in die Ressourcenberatung. Deutsche Studien schätzen bei der Umsetzung von Maßnahmen (branchen- und größenabhängig) Einsparungen von bis zu 20% mit dem möglichen Resultat deutlich steigender Umsatzrenditen. Der Blick auf diese Optimierungsmöglichkeit wird aber zumeist verstellt durch Hemmnisse im Betrieb (u.a. Komplexität des Themas, geringere Sichtbarkeit des Kostenfaktors Material, unterschiedliche Akteure betroffen). Diese Hemmnisse gilt es bei der Ressourcenberatung von Betrieben im Hinterkopf zu behalten.
Wie eine solche Ressourcenberatung konkret ablaufen kann, skizzierte Johannes Fresner im Anschluss anhand des entwickelten Ressourcen Checks. Dieses Excel Tool dient der Unterstützung von produzierenden Betrieben bei der. Dabei handelt es sich um eine Strukturierungshilfe für den Beratungsprozess bzw. für engagierten Unternehmen bietet er die Möglichkeit zur selbstständigen Identifikation von Potenzialen zur Steigerung der Ressourceneffizienz entlang des Produktlebenszyklus. Das kostenlose Excel-Tool behandelt dabei folgende Bereiche:
- Unternehmensstrategie (Die strategische Ausrichtung des Unternehmens, Ermittlung der strategischen und operativen Risiken, das Geschäftsmodell),
- Managementsysteme (Die Umsetzung des KVP für Qualität, Umwelt, Energie- und Personalmanagement),
- Produktionsprozesse (Die Optimierung des Produktionsprozesses durch die Identifikation von Ineffizienzen in den Bereichen Roh- und Hilfsstoffe, Energie, Wasser und Abwasser)
- Branchenspezifische technologische Prozesse
(Kunststoff- & Metallverarbeitungsbranche) sowie - Lebenszyklus und Ökodesign (Kreislaufführung von Materialien, biogene Materialien, unterstützende Geschäftsmodelle)
Der Ressourcen Check besteht aus 47 Fragen. Daneben bilden drei Arbeitsblätter (Stakeholder-Analyse, Input-Output-Analyse und Lebenszyklusanalyse) die Basis für die Ressourcenberatung. Für die Erleichterung der Anwendung des Ressourcen Checks wurde ein Handbuch entwickelt, welches unterstützende Informationen in Hinblick auf die Anwendung, die Auswertung und Hintergrundinformation zu den Fragenblöcken darstellt. Johannes Fresner stellte anschließend noch Beispiele aus der Anwendung sowie einen Vorschlag für einen Stufenplan einer Ressourcenberatung vor: Ist-Analyse – Datenauswertung – Machbarkeitsanalyse – Umsetzungsprogramm! Einen guten Einstieg in den Betrieb findet man neben der Geschäftsführungsebene auch über die Produktionsleitung, da hier einerseits ständiger Optimierungsdruck bestehet, andererseits Kenntnis über die Prozesssteuerung vorliegt.
Erfahrungsaustausch Ressourcenberatung
Die abschließende Diskussion nutzten die anwesenden BeraterInnen, UnternehmensvertreterInnen und Verantwortlichen der Regionalprogramme für einen intensiven Austausch zu den bisherigen Erfahrungen über Betriebsberatung(en) zu Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz. Knapp die Hälfte der Teilnehmerinnen konnten hier bereits eigene Erfahrungen machen. Im Fokus dieser Beratungen standen vor allem die Optimierung der Herstellungsprozesse, die interne Kreislaufführung sowie auch neue Geschäftsmodelle. Als Erfolgsfaktoren für die Akquise wurden ein Mix aus aufkommendem Problembewusstsein in Betrieben, stärkere politische Maßnahmen wie auch Förderungen sowie die direkte Ansprache und Vernetzung genannt. Als Hindernisse erkannten die meisten in der bisherigen Akquise das Zeitbudget des Betriebs, die geringe Kenntnisse im Betrieb bei gleichzeitiger fehlender Akzeptanz zur Beratung sowie die vermeintliche Unverhältnismäßigkeit aus Kosten und Nutzen.
Bei der Maßnahmenentwicklung sind vor allem eine gewissenhafte Datenerhebung sowie die gute und strukturierte Zusammenarbeit mit dem gesamten Team des Klienten zentral, hinderlich sind unter anderem fehlender Veränderungswille im Betrieb, die Befürchung von Nebeneffekten auf die Produktqualität, der Wettbewerbsdruck, fehlende Zeitressourcen sowie wiederum ein Mangel an belastbaren Daten bzw. die Unkenntnis der exakten Prozesse im Haus.
Bei ihren bisherigen Ressourcenberatungen greifen die BeraterInnen auf ein breites Portfolio unterschiedlicher Instrumente und Werkzeuge zurück, dabei unter anderem:
- Eigene Softwarelösungen, oftmals basierend auf Excel
- Stoffstromanalyse und Materialflusskostenrechnung (zB bw!MFCA)
- Verschwendungsanalyse nach TPS
- Circular Canvas Ansätze auf Basis des Business Canvas
- Diverse Datenbanken für LCAs
- Ecomapping
- Systematische Toolsets und Checklisten von Länder-/UN-Organisationen
- Erfahrungsaustausch mit anderen ExpertInnen
Für die weitere Entwicklung und Bearbeitung des Themas wünscht man sich seitens der BeraterInnen einen verstetigten Austausch über Vernetzungsmöglichkeiten, Weiterbildungen, Referenzergebnisse und Beispielsammlungen. Ein freier Zugriff zu Softwarelösungen wie bspw. die ecoinvent Datenbank würde vielen BeraterInnen die Arbeit deutlich erleichtern und verstärkte Förderungen auch neuer Geschäftsmodelle weitere Unternehmen ansprechen. Als ordnungspolitischen Rahmen wünschet man sich Kostenwahrheit bei Rohstoffen.
Das Ressourcen Forum Austria wird diese Erfahrungen in die weitere Arbeit aufnehmen. Neben der Entwicklung von Vernetzungsmöglichkeiten über Arbeitsgruppen ist auch der stärkere Austausch mit etablierten Organisationen in Deutschland und der Schweiz geplant.
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(13.05.2022)