Ernährung der Zukunft
Nachbericht zur Paneldiskussion mit Petra Rust, Assistenzprofessorin am Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Wien, Tanja Dietrich Hübner, Bereichsleiterin Nachhaltigkeit REWE International AG & Nicole Leitner, Kastnerbäuerin in Anif und Seminarbäuerin
Die „Ernährung der Zukunft“ stand im Mittelpunkt einer weiteren Paneldiskussion am Fünften Nationalen Ressourcenforum. Die Ernährung der Zukunft ist ein Thema, das uns alle betrifft und ein wesentlicher Schlüssel für die Erreichung der Ressourcenwende, das ist klar. Eine nachhaltige Ernährung ist nicht nur für die Zukunft unseres Planeten, sondern auch für unsere eigene Gesundheit von großer Bedeutung. Wie kann es uns nun aber konkret gelingen, Ernährungssysteme zu entwickeln, die ökologisch verträglich, sozial gerecht und gesundheitsfördernd sind? Gibt es Widersprüche zwischen gesunder, klimafreundlicher, sozial verträglicher und wirtschaftlich erfolgreicher Lebensmittelerzeugung und -versorgung?
Impuls: Nachhaltige Ernährung …
Petra Rust betonte in ihrem Impulsvortrag, wie wichtig neue innovative Ernährungssystemen in Zukunft sein werden. Rust unterstrich die Vorteile und Notwendigkeit nachhaltiger Ernährung aus mehreren Gründen. Eine solche Ernährung sei
- ernährungsphysiologisch angemessen, sicher und gesund,
- schütze zugleich die biologische Vielfalt,
- sollte für alle Menschen zugänglich, wirtschaftlich fair und erschwinglich
- sowie kulturell akzeptabel sein.
Im Zusammenhang mit ihrer Argumentation verwies Rust mehrmals auf die „Sustainable Development Goals“ (SDGs), welche global definierte Ziele für eine nachhaltige Entwicklung darstellen. Eine nachhaltige Ernährung optimiert somit nicht nur natürliche Ressourcen, sondern auch menschliche Ressourcen.
… optimiert natürliche und menschliche Ressourcen
Rust betonte den besorgniserregenden Einfluss der Lebensmittelproduktion auf die Umwelt, die für etwa ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen entlang der gesamten Lieferkette verantwortlich ist. Vom Anbau, über die Verarbeitung bis hin zur Verpackung durchläuft jedes Lebensmittel zahlreiche Zwischenschritte, die einen beträchtlichen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Weltweit werden zudem jährlich geschätzte 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verschwendet, häufig aufgrund von äußerlichen Merkmalen, übertriebener Vorsicht beim Haltbarkeitsdatum oder fehlender Einkaufsplanung. Darüber hinaus ist es wichtig, die Konsequenzen verschiedener Ernährungsformen auf die Gesundheit zu berücksichtigen. Inadäquate Ernährung allein ist weltweit für 11 Millionen Todesfälle verantwortlich. Eine nachhaltige Ernährungsumstellung bietet gesundheitliche Vorteile für alle Altersgruppen, indem sie eine bewusste Auswahl einer ausgewogenen Ernährung und vielfältige Lebensmittel fördert, um das Risiko von ernährungsbedingten Krankheiten zu verringern.
Fleischlose Ernährung als Norm?
Für Rust sei es essenziell Aufklärung von Konsument:innen über die Bedeutung einer nachhaltigen Ernährung und den Genuss pflanzlicher Lebensmittel zu betreiben. Die globale Landnutzung für Lebensmittelproduktion ist ein wichtiger Aspekt. Etwa die Hälfte der bewohnbaren Landfläche wird landwirtschaftlich genutzt, wobei 77% davon für Nutztiere verwendet werden. Das hat große Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere hinsichtlich der Treibhausgasemissionen. Studien zeigen, dass eine vegane Ernährung eine 50%ige Reduktion der Treibhausgasemissionen ermöglichen kann, während eine ovo-lakto-vegetarische Ernährung zu einer 35%igen Reduktion führt. Diese Studien wurden hauptsächlich in wohlhabenden Ländern durchgeführt. Das Ernährungsverhalten der meisten Menschen weicht meist deutlich von dem wissenschaftlichen Vorschlag der Ernährungspyramide ab, was ein Umdenken erfordert. Der Impulsbeitrag von Petra Rust unterstrich die Dringlichkeit einer nachhaltigen Ernährung für Gesundheit und Umwelt.
Paneldiskussion
Im Anschluss des Impulsvortrags von Petra Rust fand eine fesselnde Paneldiskussion statt, in der die Diskutantinnen einen Blick ins Jahr 2050 wagten. Die Diskussionsteilnehmerinnen waren Petra Rust, Tanja Dietrich-Hübner und Nicole Leitner.
Wie kann eine nachhaltige Ernährung im Jahr 2050 aussehen?
Tanja Dietrich-Hübner verwies auf den Erfolg eines „Plant-based-store“ in Wien und betonte, dass pflanzenbasierte Ernährung kein Nischenthema mehr sei, sondern ein echter Trend. Für die Zukunft müsse dieser Trend weiterhin gefördert werden. Sie hob zudem die Bedeutung von Psycholog:innen und Verhaltensforscher:innen hervor, um die Menschen bei der Änderung ihres Ernährungsstils zu unterstützen. Sie appellierte an die Konsument:innen, verstärkt österreichische Produkte zu kaufen, und betonte die Notwendigkeit von Herkunfts- und Haltungskennzeichnungen.
Brücke zwischen Landwirtschaft und Konsument:innen
Nicole Leitner wiederum betonte die Notwendigkeit, dass Konsument: innen ein Gefühl für regionale und saisonale Produkte entwickeln müssen. Durch ihre Tätigkeit als Seminarbäurin sieht sie, wie wichtig der Aufbau einer Brücke zwischen Landwirt:innen und Konsument:innen sei. Denn beispielsweise könnten saisonale Produkte nur dann erfolgreich in den Ernährungsstil integriert werden, wenn die Konsument:innen bereit seien, flexibler zu denken und ihre Gewohnheiten anzupassen. Landwirt: innen könnten bei diesem Aufbau von Bewusstsein unterstützen. Für sie ist zudem eines klar: Qualität sollte definitiv vor Quantität stehen, gerade auch beim Fleischkonsum. Um das zu unterstreichen, stellte sie die neu entwickelte Salzburger Ernährungspyramide vor.
Wer trägt die größte Verantwortung, um notwendige Veränderungen zu setzen?
Rust betonte, dass sowohl Verhaltensprävention (das Umdenken der Menschen) als auch Verhältnisprävention (das Angebot an Nahrungsmitteln) erforderlich seien. Sie verwies auf eine deutsche Studie, die aufzeigt, dass Menschen theoretisches Ernährungswissen nicht immer praktisch umsetzen können, z. B. beim Lesen von Lebensmittelkennzeichnungen. Um dieses Problem anzugehen, bedarf es breiter bewusstseinsbildender Maßnahmen. Laut Tanja Dietrich-Hübner, sei es wichtig zu verstehen, dass im Sinne der Nachhaltigkeit und einer ganzheitlicheren Ernährung und Produktion viele Veränderungen erforderlich seien. Transparenz und Datenerfassung seien unabdingbar, so Dietrich Hübner, da diese die Grundlage für Entscheidungen bilden. Die Regulation in der Produktion sei zwar eine Herausforderung, aber unerlässlich. Nicole Leitner schloss sich den Aussagen der anderen Teilnehmerinnen an und betonte, dass alle Komponenten zusammenwirken müssten. Es sei wichtig, gemeinsam das große Ganze zu sehen. Die Diskussion endete mit dem Konsens, dass eine nachhaltige Ernährung bis 2050 nur durch Zusammenarbeit von Konsument:innen, Produzent: innen, Handel und Regulierungsbehörden möglich sei. Aufklärung, Verhaltensänderungen, Anpassung des Angebots und Kennzeichnung von Lebensmitteln sind Schlüsselelemente zur Verwirklichung einer nachhaltigen Ernährung und zur Ermöglichung informierter Verbraucherentscheidungen für nachhaltigere Optionen.
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(25.08.2023)