Greenmarketing vs. Greenwashing
Schluss mit vagen Aussagen, intransparenten Labels und versteckten Trade-Offs! Mit der Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher:innen für den ökologischen Wandel und der Green Claims Richtlinie will die EU-Kommission irreführendes Green Marketing verhindern und fordert von Unternehmen künftig wahrheitsgemäße Umweltaussagen. Bei dieser Veranstaltung von Industriellenvereinigung Salzburg und Ressourcen Forum Austria stellten Expert:innen einen praxiszentrierten Überblick über den rechtlichen Rahmen umweltbezogener Werbung und gaben einen Ausblick auf die Verschärfungen durch die EU Green Deal-Gesetzesvorhaben.
Bisheriger Rechtsrahmen
Entsprechen Klimaversprechen und Werbung mit umweltbezogenen Symbolen und Bezeichnungen nicht den rechtlichen Vorgaben, so sind Verbraucher:innen in Österreich bisher nur durch lauterkeitsrechtliche Schranken vor unrichtigen Umweltaussagen („Greenwashing“) geschützt. Den Rechtsrahmen hierfür bildet das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). In diesem sind in der sogenannten „schwarzen Liste“ per se Verbote aufgelistet, wie die unrichtige Behauptung über Verhaltenskodizes und das genehmigungslose Verwenden von Güte- und Qualitätszeichen. Außerdem beinhalt es das zentrale Irreführungsverbot. Dieses verbietet die Täuschung über die Produktbeschaffenheit und stellt auf die Eignung, den Interessenten zum Kauf eines Produktes zu bewegen, ab. In der Praxis wird bei der Beurteilung von Verstoßen einerseits stark auf die Gefühlssphäre von Verbraucher:innen abgestellt, und andererseits Unklare Aussagen zumeist zu Lasten des werbenden Unternehmens ausgelegt. Kommt es zu Klagen, so drohen
Green Claims Richtlinie
Um irreführendes Green Marketing zu verhindern und sicherzustellen, dass Umweltaussagen wahrheitsgemäß und aussagekräftig sind, hat die Europäische Kommission Anfang 2023 die Greens Claims Richtline vorgeschlagen, die Regeln und Kriterien für umweltbezogene Ansprüche und Behauptungen festlegt, die von Produkten und Unternehmen gemacht werden. Mit dieser Richtlinie ändert sich die Rechtslage für umweltbezogene Werbung deutlich, machte Nina Sterzl, Partnerin bei Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte in ihrem Impulsvortrag deutlich.
Interview zu Green Claims und Co
Mit Nina Sterzl und Florian Iro, dem Geschäftsführer der Erdal GmbH bei Werner & Mertz Hallein haben wir im Anschluss an die Veranstaltung gemeinsam mit der Industriellenvereinigung Salzburg über Regeln, Kriterien und Verbote umweltbezogener Werbung gesprochen.
Wie definiert sich der Begriff „Green Marketing“?
Nina Sterzl: Zunächst, der Klimawandel und die durch Wetterkatastrophen dauerpräsente Zerstörung der Umwelt bewegen Verbraucher:innen zunehmend dazu, bei Kaufentscheidungen ihren Fokus bewusst auf Nachhaltigkeit zu legen. Umweltbezogene Symbole oder Bezeichnungen, wie „nachhaltig“ und „CO2-neutral“, haben nachweislich signifikanten Einfluss auf das Kaufverhalten. Umweltbezogene Bewerbung von Produkten oder Produktionsketten, die deren Nachhaltigkeit oder Umweltverträglichkeit fördern oder hervorheben sowie die Plakatierung von umweltbezogenen Unternehmenszielen, nennt man dann „Green Marketing“.
Wie funktioniert grünes Marketing bei Werner & Mertz?
Florian Iro: Werner & Mertz sieht in einer CO2 Neutralität allein keinen Mehrwert für das Unternehmen, sondern steht für umfassenden aktiven Klimaschutz ein. Unsere Kommunikation ist transparent, wir machen keine Ankündigungs-PR, sondern kommunizieren Erreichtes. Nur so kann aus den üblichen Marketingversprechen echtes nachvollziehbares Engagement eines Unternehmens glaubhaft werden.
Wie klären Sie Verbraucher:innen über die Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit Ihrer Produkte auf?
Florian Iro: Wir sind nicht nur Öko-Pionier, sondern bleiben Weltmeister in der Verwendung von Recyclat und in der Produktion von recyclingfähigen Verpackungen. Wir stellen unsere Errungenschaften ganz transparent allen zur Verfügung. So berichten wir regelmäßig über unsere Recyclat-Initiative und Innovationen in biologischen und technischen Kreisläufen auch auf eigenen Plattformen, Websites und Social Media.
Apropos Reinigung, was ist dann „Greenwashing“?
Nina Sterzl: Damit wird die Werbung oder PR-Maßnahmen mit unrichtigen oder auch unklaren Umweltaussagen bezeichnet. Also der Versuch, sich mit Klimaversprechen und Werbung mit umweltbezogenen Symbolen und Bezeichnungen als umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen, ohne es tatsächlich zu sein.
Und genau dieser Umstand wurde nun auf EU-Ebene aufgegriffen?
Nina Sterzl: Ja, denn nach einer Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2020 enthielten 53,3% der umweltbezogenen Angaben vage, irreführende oder unbegründete Informationen über die Umwelteigenschaften von Produkten. Im Kampf gegen Greenwashing von Verbraucher:innen, hat die EU-Kommission daher als Teil des „Green Deals“-Gesetzespaket nun neben dem „Richtlinien-Entwurf zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel“ im Jahr 2022 kürzlich einen weiteren „RL-Entwurf zur Belegbarkeit und Kommunikation von Green Claims“ präsentiert.
Ab wann bekommen Ihre Produkte einen „grünen“ Stempel (Nachhaltigkeitssiegel oder ein umweltbezogenes Qualitätskriterium)?
Florian Iro: Wir bei Werner & Mertz fördern aktiven Klimaschutz mit Kreislaufwirtschaft und minimieren so den ökologischen Fußabdruck in der gesamten Wertschöpfungskette. Durch das betriebliche Umweltmanagement-System nach EMAS betreiben wir seit 2003 (Standort Mainz) bzw. seit 2005 (Standort Hallein) ein objektives und kennzahlenbasiertes Umweltmanagement mit „Klima-Monitoring“.
Welche Konsequenzen drohen, wenn ich das Marketing (unrichtig) schöne?
Nina Sterzl: Aktuell droht Rechtsbrecher:innen vordringlich das österreichische Lauterkeitsrecht mit zivilrechtlichen Konsequenzen, darunter Unterlassungs- und Veröffentlichungsansprüchen, aber unter Umständen auch Schadenersatzansprüche. Aufgrund verwaltungsrechtlicher Vorgaben kann es zu Geldstrafen kommen.
Und welche Verschärfungen entstehen nun durch die Green-Claims-RL?
Nina Sterzl: Hier sieht die EU etwa die Konfiszierung von Unternehmenseinnahmen mit dem betroffenen Produkt vor, den vorübergehenden Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen sowie die Verhängung von Geldbußen. Wobei bei Letzteren ein Mindestmaß von 4 % des Jahresumsatzes des Unternehmens in dem vom Verstoß betroffenen Mitgliedsstaat vorgeschlagen wurde.
Nicht hinter jeder letztlich als unlauter beurteilten Kampagne steht vorsätzliches „Greenwashing“, sondern oft Unwissen. Wie schaffen Sie in Ihrem Unternehmen Bewusstsein für die Grenzen des Zulässigen?
Florian Iro: Unwissenheit ist für uns keine Option. Im Gegenteil. Wir haben konkrete Prozesse und Maßnahmen für aktiven Klimaschutz im gesamten Unternehmen implementiert. Diese werden auch einem kontinuierlichen Monitoring unterzogen. Das gilt natürlich auch für Rezepturen, Verpackungen und Produktionsprozesse. Über unsere hauseigene W&M Schulungs-Academy, sowie Mitarbeiterzeitung und Intranet werden alle Kolleginnen und Kollegen auf dem Laufenden gehalten.
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(25.10.2023)