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GemeindenProduzierende Wirtschaft

Kommunale Gebäude im Kreislauf denken

38% der weltweiten Emissionen, 55% des Ressourcenbedarfs in Österreich und 76% des Abfalls in Österreich: Bauen ist ressourcen- und emissionsintensiv und führt (noch) zu hohem Abfallaufkommen. Das muss aber nicht so sein, wenn das Potenzial der Kreislaufwirtschaft voll ausgeschöpft wird, waren sich die Expert:innen und Praktiker:innen bei einer Kooperationsveranstaltung von Digital Findet Stadt, Innovation Salzburg GmbH, EuRegio Salzburg-BGL-Traunstein, dem Salzburger Gemeindeverband, dem Alpine Space Projekt CoolAlps und dem Ressourcen Forum Austria am 12. Oktober 2023 sicher.

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Referent:innen und Teilnehmer:innen der Veranstaltung "Kommunale Gebäude im Kreislauf denken"; Bildnachweis: RFA

Die Kreislaufwirtschaft und ihre Ziele

Will man die aktuellen Ressourcen- und Klimaschutzziele erreichen, müssen die drei zentralen Prinzipien der Kreislaufwirtschaft: „weniger und anders“, „länger nutzen“ und „im Kreis führen“ auch für Bauwirtschaft und Infrastruktur gelten, stellt Andreas Van-Hametner, Ressourcen Forum Austria, in seinem Impuls klar. Die österreichische Kreislaufwirtschaftsstrategie gibt deshalb auch folgende Ziele vor:

  1. Gebäude werden kreislauforientiert unter Berücksichtigung aller Lebenszyklusphasen entwickelt,
  2. Die Nutzungsdauer von bestehenden Gebäuden wird durch Wartung und Sanierung verlängert
  3. Die stoffliche Verwertung von Bodenaushubmaterial, Bau- und Abbruchabfällen wird, sofern ökologisch und ökonomisch zweckmäßig, erhöht.

Kreislauffähig Bauen und Sanieren

Um das zu erreichen, braucht es ein fundamentales Umdenken bei Bauherr:innen, Planer:innen und Ausführenden hin zu einer Betrachtung von Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus. Es reicht nicht nur im Neubau den Materialinput über Recyclingbaustoffe anders zu gestalten, sondern Bauprojekte müssen so geplant und umgesetzt werden, dass sie einen möglichst langen Lebenszyklus aufweisen (zB durch flexible, modulare und robuste Bauweise). Eine besondere Herausforderung kommt dabei dem Umgang mit Bestand und dessen kreislauffähiges Sanieren zu, wie Steffen Robbi von Digital findet Stadt ausführte. Der bisher lineare Bauablauf in der Sanierung wird sich in Zukunft in einen iterativen, kreislauffähigen Prozess transformieren, bei dem immer zuerst nach Wiederverwendung und Recycling vor der Entsorgung gefragt wird. Der Prozessablauf setzt sich zukünftig aus Bestandserfassung, Bestandsbewertung und Ausführung zusammen. Bei der Bestandserfassung fließen 3D-Gebäudemodell und eine Schad- und Störstofferkundung idealerweise in ein BIM-Modell, welche dann auch Grundlage für die Ökobilanzierung sein kann. In der Bestandsbewertung werden die Risiken und Potentiale hinsichtlich Wiederverwendung von Baukomponenten und Recycling von Baumaterialien identifiziert, im Anschluss ein Rückbaukonzept erstellt, bei dem auch eine Vergleichsbewertung von Wiederverwertung/-verwendung mit neuangeschafften ökologischen Baumaterialien vorgenommen wird und auch diese Bewertungen in das BIM-Modell eingepflegt. Im Anschluss werden Planung und Ausschreibung mit den spezifischen Rückbau-Angaben vorgenommen, das Rückbaukonzept ausgeführt, gut dokumentiert und in das Modell eingepflegt. Offenkundig kommt dabei einem Datenemanagementsystem über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes eine zentrale Rolle zu.

Rolle der Gemeinden

Was hat das nun mit Gemeinden zu tun? Eine ganze Menge, wenn man Kreislaufwirtschaft als eine gesellschaftliche Transformation besteht. Denn dann muss diese in der Mitte der Gesellschaft stattfinden, und dort sind die Gemeinden mit ihrer geringen Distanz zu Bürger:innen und Unternehmen. Gemeinden können sowohl bei Bau, Umbau und Sanierung von Altbestand als auch beim Abbruch als Bauherr direkten Einfluss auf den Ressourcenverbrauch nehmen, aber auch indirekt über die Vorbildwirkung für private Bauherrn. Doch auch bei der Ressource Boden sind die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft wichtig: Die Reduktion des Verbrauchs sowie die effiziente Nutzung können auf kommunaler Ebene mit unterschiedlichen Maßnahmen begünstigt werden. Gemeinden können also aktiv Regeln vorgeben, zwischen Unternehmen und Nachfrage koordinieren, mit ihrem großen Beschaffungsvolumen das Angebot beeinflusse, Bewusstsein schaffen und mit eigenen Projekten als Vorbild vorangehen.

Als Vorbild vorangehen

Diesen letzten Punkt haben sich mehrere Salzburger Gemeinden zum Vorsatz gemacht. Unter anderem die Gemeinden Thalgau und Werfenweng. In Werfenweng wurde das alte Mesnerhaus zu einem Ort der Begegnungen umgebaut und so ein Neubau vermieden, so beschrieb Peter Brandauer, Bürgermeister Gemeinde Werfenweng, die Motivation. Das 2022 renovierte Gebäude zeichnet sich einerseits dadurch aus, dass viele alte Elemente erhalten blieben, andererseits durch seine vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gemeinsam und intensiv verwendet wird. Diese Multifunktionalität war auch der Gemeinde Thalgau ein wesentliches Anliegen bei der aktuellen Umnutzung zweier Gebäude. Lisa Frenkenberger, Vizebürgermeisterin Gemeinde Thalgau stellte in ihrem Beitrag zum einen die Nachnutzung des ehemaligen Bezirksgerichts Thalgau vor, das mittlerweile als „Dach für Thalgau“ einen offenen Raum für unterschiedliches Aktivitäten und Veranstaltungen in der Gemeinde bietet. Und auch das alte Feuerwehrhaus fand in Thalgau eine Nachnutzung im Sinne der Kreislaufwirtschaft: Dort zog TeTaRe – die Fundgrube und Repair Café von Thalgau ein. Zum Abschluss zeigte Thomas Maierhofer, Prokurist bei Salzburg Wohnbau innovative Projekte auf, mit denen Salzburg Wohnbau unter anderem Gemeinden unterstützt kreislauffähig zu Bauen und zu Sanieren. Salzburg Wohnbau setzt dabei stark auf ein zweites Leben für Abbruchmaterial aus dem Rückbau in Form von direkt verwendetem Recyclingbeton. Positive Praxiserfahrung konnte man gemeinsam in den Gemeinden Schwarzach, Adnet, Anif, Wals-Siezenheim und Golling gewinnen.

Take Home Messages
  • Die Ressourcenbilanz des Bauens: 38% der weltweiten Emissionen, 55% des Ressourcenbedarfs in Österreich und 76% des Abfalls in Österreich.
  • Der bisher lineare Bauablauf in der Sanierung wird sich in Zukunft in einen iterativen, kreislauffähigen Prozess transformieren, bei dem immer zuerst nach Wiederverwendung und Recycling vor der Entsorgung gefragt wird.
  • Gemeinden können sowohl bei Bau, Umbau und Sanierung von Altbestand als auch beim Abbruch als Bauherr direkten Einfluss auf den Ressourcenverbrauch nehmen.
Weiterführende Informationen

Diese Veranstaltung war eine Kooperation mit:

(18.10.2023)

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