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GemeindenProduzierende Wirtschaft

Kreislaufwirtschaft im Baubereich

Mitte April 2024 fand die ECOVATION 2024 bereits zum vierten Mal statt, diesmal im Congress Center Villach. Die Ecovation ist eine gemeinsame Initiative der Bundesministerien BMAW und BMK in Zusammenarbeit mit der Bundesbeschaffung GmbH, der IÖB-Servicestelle und der naBe-Plattform und ist die österreichische Konferenz für nachhaltige und innovative öffentliche Beschaffung. Der Fokus der diesjährigen ECOVATION lag auf den Bedürfnissen und Herausforderungen der Bundesländer und Gemeinden. Beim Schwerpunktthema Kreislaufwirtschaft im Baubereich durfte das Ressourcen Forum Austria die naBe-Plattform bei der Programmplanung unterstützen und die Moderation übernehmen.

Bauwirtschaft im Kreis gedacht

Die Session mit seinen fünf spannenden Beiträgen mit Fokus auf der öffentlichen Hand, dem Werkzeug Digitalisierung und der produzierenden Industrie zeigte das enorme Potential der Kreislaufwirtschaft im Baubereich auf. Schließlich sind nach wie vor 55% des Ressourcenbedarfs und 76% des Abfalls in Österreich auf die Bauwirtschaft zurückzuführen. Doch das muss nicht sein, wenn das Potenzial der Kreislaufwirtschaft ausgeschöpft wird. Andreas Tschulik (BMK) lieferte den Einstieg mit der Vorstellung der Zielsetzungen und Umsetzungsmaßnahmen der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die Bauwirtschaft ist dort eines der zentralen Schwerpunktthemen mit drei Zielsetzungen:

  • Gebäude sollen zirkulär, modular geplant und mit Recyclingbaustoffen gebaut sein,
  • die Nutzungsdauer von Gebäuden soll durch Wartung und Sanierung verlängert werden sowie
  • die stoffliche Verwertung von Bodenaushubmaterial, Bau- und Abbruchabfällen Normalität sein.

In Zusammenarbeit mit dem Climate Lab wurde das CIRCULARITY LAB umgesetzt, um Stakeholder und Wirtschaftspartner zu vernetzen und eine jährliche Prioritätensetzung herauszufiltern – 2024 sind die Schwerpunkte kreislauforientiertes Bauen, Textilien und Möbel. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung der Wirtschaft – die Erarbeitung einer Richtlinie zum Förderungsbereich Kreislaufwirtschaft und der Aufbau eines Monitoring Systems. Gemeinsam mit dem BMAW wurde zudem eine beratende Task Force Circular Economy eingerichtet.

Die Rolle der Gemeinden für zirkuläres Bauen

Zum Thema „Handlungshilfe für Kommunen zum zirkulären und klimagerechten Bauen“ referierte Dietmar Lenz (LENZ NACHHALTIG). Zu Beginn betonte er in seinem Beitrag noch einmal die große Rolle des Bauens für den Klimaschutz. Mit einem anschaulichen Beispiel machte er den großen Materialverbrauch deutlich: Der weltweit pro Jahr produzierte Beton reicht für eine Mauer um den Äquator mit 0,4 Meter Breite und 1.000 Meter Höhe. Bedarf überdenken, Mehrfachnutzung von Gebäuden, Sanierung und Modernisierung statt Neubau, Energieeffizienz, Flexibilität, Einsatz von Rezyklaten, Umwelt- und Gesundheitsaspekte und die frühe Planung als zentrale Aspekte beim klimagerechten, kreislauffähigen Bauen. Diese Aspekte hat Dietmar Lenz gemeinsam mit Partnern in mehrere Leitfäden für Kommunen einfließen lassen. Auf der Ecovation stellte er den Vorarlberger Kommunalgebäudeausweis, ein niederschwelliges und prozessorientiertes Gebäudebewertungstool zur Bewertung öffentlicher Gebäude vor und illustrierte dies am Beispiel des Bildungszentrums Frastanz Hofen.

Digitalisierung als Möglichmacher

Im Beitrag von Steffen Robbi (Digital Findet Stadt) „Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung“ wurde zuerst der rechtliche Rahmen – der Green Deal der EU und die Taxonomie-Verordnung – abgesteckt, um dann auf die Besonderheiten der Sanierung nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft einzugehen. Steffen Robbi zeigte dabei eindrucksvoll auf, wie wesentlich das Zusammenspiel von Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft – oft auch als so genannte Twin Transformation bezeichnet – ist. Nur mit digitalen Prozessen sind die fundamentalen Änderungen in einer zirkulären Bauwirtschaft operationalisierbar. Abschließend wurde die Rolle der Digitalisierung und unterschiedliche Technologien und mobile Applikationen dazu präsentiert.

Baustoffrecycling und Beschaffungskriterien

Thomas M. Kasper (PORR AG) lieferte in seinem Beitrag „Wiederverwertung von Materialen“ Beispiele aus der Industrie – zentrale Aussagen: „Das Gebäude, das nicht abgebrochen wird, ist das nachhaltigste“ und „der Baustoff von heute ist der Schadstoff von morgen“.
Christian Öhler (BMK) präsentierte „Neue Beschaffungskriterien des Bundes für kreislauforientiertes und klimawandelangepasstes Bauen“ – und zeigte in einigen Rechenbeispielen das Einsparungspotential beim kreislauforientierten Bauen: Durch das neue naBe-Kriterium „verwertungsorientierter Rückbau mit BIM-Unterstützung“ entstehen Minderkosten von durchschnittlich einem Drittel im Vergleich zu Neubau. Als Kostentreiber wurden schlechte Planung, Planänderungen, lange Bauzeit und teure Materialien identifiziert.

Die Erkenntnisse und Kernaussagen der Sessions wurden danach im Hauptsaal dem versammelten Publikum präsentiert.

Take Home Messages
  • Die Bauwirtschaft steht für 55% des Ressourcenverbrauchs und 76% des Abfalls in Österreich.
  • Der weltweit pro Jahr produzierte Beton reicht für eine Mauer um den Äquator mit 0,4 Meter Breite und 1.000 Meter Höhe.
  • Ziel der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie: Gebäude sollen zirkulär, modular geplant und mit Recyclingbaustoffen gebaut werden.
  • Die nachhaltige öffentliche Beschaffung ist ein wichtiger Beitrag um die Bauwirtschaft kreislauffit zu machen. Gerade Gemeinden brauchen aber noch vielfältige Unterstützungen.
  • Nur mit digitalen Prozessen sind die fundamentalen Änderungen in einer zirkulären Bauwirtschaft operationalisierbar.
  • Die Wiederverwertung von Baustoffen ist in einigen Bereichen schon Standard, aber Projekte brauchen einen langen Atem.
  • Alle Präsentationen zum Download finden Sie auf der Homepage der naBe-Plattform .

(14.05.2024)

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