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Mit der Ressourcenwende in eine klimaneutrale und lebenswerte Zukunft für alle

Keynote am Fünften Nationalen Ressourcenforum durch Nina Eisenmenger, Assoziierte Professorin am Institut für Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien zum Thema "Mit der Ressourcenwende in eine klimaneutrale und lebenswerte Zukunft für alle".

In ihrer Eröffnungskeynote des zweiten Konferenztages präsentierte Nina Eisenmenger, federführende Autorin am letzten  Ressourcennutzungsbericht des BMK einerseits einen Problemaufriss der globalen und nationalen Ressourcenübernutzung, andererseits aber auch einen visionären Ausblick, wie eine nachhaltige und ressourcenschonende Gesellschaft aussehen könnte und welche Maßnahmen notwendig sind, um dorthin zu gelangen.

The Great Acceleration

Sie betonte die Herausforderungen, die durch das rasante Wachstum unserer Gesellschaften entstehen und die zunehmende Nutzung begrenzt verfügbarer natürlicher Ressourcen, die Umweltprobleme hervorruft. Die globale Gesellschaft wächst rasant, sei es die Bevölkerungszahl, der Urbanisierungsgrad, der globale Verkehr oder ganz allgemein die globale Wirtschaft an sich. Mit diesem Wachstum einher gehen Ressourcenverbräuche, die wiederum die begrenzt verfügbare „Natur“ und natürliche Ressourcen stark beanspruchen und Umweltprobleme wie beispielsweise Klimakrise oder Biodiversitätskrise verursachen.

Gesellschaftlicher Metabolismus

Unsere Gesellschaft benötigt natürliche Ressourcen, um – abstrakt ausgedrückt – ihre Bestände aufzubauen, zu erhalten und zu betreiben. Das bedeutet nichts anderes, als dass alle Gegenstände und Infrastrukturen rund um uns herum aus natürlichen Ressourcen hergestellt wurden. Bereiche wie Wohnen, Mobilität, Ernährung und Gesundheit sind besonders ressourcen- und damit emissionsintensiv. Die verwendeten Ressourcen umfassen land- und forstwirtschaftliche Biomasse, Metalle, mineralische Stoffe und fossile Energieträger. Unter Nutzung dieser natürlichen Ressourcen haben wir über Jahrzehnte, teilweise Jahrhunderte komplexe Infrastrukturen aufgebaut, die zu unserem gesellschaftlichen Wohlstand beitragen: Gebäude, Straßen und Verkehrsträger, Kanalisation und andere Primärinfrastrukturen, aber natürlich auch diverse Produkte wie Möbel, Textilien, Elektrogeräte und vieles mehr. Bei Aufbau und Verwendung dieser gesellschaftlichen Bestände und im Besonderen an Ihrem Lebensende, entstehen materielle Outputs wie Emissionen und Abfälle. Diese stiegen in der great acceleration genauso wie die Ressourcenentnahme und der Bestandsaufbau.

Ressourcennutzung in Österreich 1960-2021

Ein Blick auf den Ressourcenverbrauch von Österreich seit den 1960er Jahren zeigt, dass mittlerweile zwar eine Stabilisierung auf ca. 150 – 170 Millionen Tonnen pro Jahr – was 18 Tonnen pro Kopf und Jahr entspricht – eingesetzt hat, aber der notwendige Rückgang bis dato nicht eingetreten ist. Zwar lassen sich aus der Entwicklung der letzten 60 Jahre durchaus deutliche Ressourceneffizienzgewinne ablesen, so dass relative Entkoppelung konstatiert werden kann. Diese Entkoppelung verschwindet allerdings, wenn wir auch die Ressourcenintensitäten der globalen Lieferketten mitberücksichtigen. Dann liegen auch die pro Kopf Ressourcenverbräuche deutlich höher. Auf den einzelnen Bürger heruntergebrochen bedeutet dies einen Materialfußabdruck von knapp 24 Tonnen pro Kopf und Jahr. Dies liegt daran, dass mittlerweile ein großer Anteil der Güter außerhalb Österreichs hergestellt, aber im Inland konsumiert wird. Die Umweltprobleme entstehen somit andernorts. Aus wirtschaftspolitischer Perspektive zudem problematisch, weist Österreich eine hohe Importabhängigkeit bei vielen Ressourcen auf (besonders im Bereich Biomasse, fossile Energieträger und Metalle).

Ressourcenwende, aber wie? Kreislaufwirtschaft!

Wir brauchen aber eine absolute Reduktion von Ressourcenverbrauch und Umweltbelastungen, die deutlich, schnell, langfristig und vor allem entlang der gesamten globalen Lieferketten stattfindet: eine echte Ressourcenwende. Aber eine Reduktion des zukünftigen Ressourcenverbrauchs wird nur gelingen, wenn auch die Bestände kleiner werden. Es geht darum, den Ressourcenverbrauch von Wirtschaftswachstum und Wohlstand zu entkoppeln. Eisenmenger stellte dabei die Kreislaufwirtschaft als zentralen Ansatz vor, der weg von einer linearen Wirtschaft hin zu einer Wirtschaft führt, bei der Rohstoffe länger genutzt und nach der Verwendung wieder dem Produktionsprozess zugeführt werden. Ziel ist es, den Materialverbrauch innerhalb ökologisch verträglicher Grenzen zu halten und die Entnahme primärer Rohstoffe zu reduzieren. Die EU und Österreich haben dafür Strategien entwickelt, um unsere lineare Wirtschaftsweise zu transformieren. Ziel der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie ist es, den Material-Fußabdruck bis 2050 auf 7 Tonnen pro Kopf und Jahr zu senken und die inländische Ressourcenproduktivität um 50% bis 2030 zu steigern.

12 Tonnen als Zwischenziel

Doch ist dieses Ziel realistisch? Eisenmenger präsentierte auch einen Blick in eine mögliche Zukunft im Jahr 2040. Mit den bestehenden Maßnahmen zur Dekarbonisierung und einer ambitionierten Kreislaufwirtschaft könnte der Materialverbrauch bei moderatem Wirtschaftswachstum auf 129 Millionen Tonnen und bei stagnierender Wirtschaftsentwicklung sogar auf 113 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden. Eine klimaneutrale Gesellschaft mit einem Materialverbrauch von nur 12 Tonnen pro Kopf und Jahr wäre somit erreichbar. Bei diesem Szenario noch nicht berücksichtigt ist der wichtige Bereich Ernährung.

Fazit: Machen wir uns auf den Weg!

Was bedeutet das für unser Leben im Jahr 2040? Im Jahr 2040 können wir in gut gedämmten Wohnungen leben, ähnlich groß wie heute, aber mit klimaneutralen Heizsystemen. Der Fahrzeugbesitz wird weniger verbreitet sein, aber dank verbesserter öffentlicher Verkehrsmittel werden wir dennoch mobil sein. Veränderungen in Mobilität und Wohnen ermöglichen es, die Versiegelung von Flächen zu reduzieren. Unsere Ernährung wird weniger fleischlastig sein, und wir werden mehr auf eine nachhaltige Produktion und Konsum achten müssen.

Take Home Messages
  • Die Ressourcenwende ist entscheidend für eine klimaneutrale und lebenswerte Zukunft für alle.
  • Durch eine ambitionierte Kreislaufwirtschaft, Reduktion des Ressourcenverbrauchs und Entkoppelung von Umweltbelastungen können wir eine nachhaltige Entwicklung erreichen.
  • Es erfordert jedoch gemeinsame Anstrengungen auf individueller, gesellschaftlicher und politischer Ebene, um diesen Weg zu beschreiten und eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen zu gestalten.
Fünftes Nationales Ressourcenforum
  • Der Text ist eine adaptierte Fassung der Keynote von Nina Eisenmenger am Fünften Nationalen Ressourcenforum, welches im Mai 2023 in Salzburg stattfand.
  • Mehr Informationen zum Fünften Nationalen Ressourcenforum finden Sie hier.

(25.08.2023)

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