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Mit intelligenter Verschwendung die Welt retten?

„Die globale Ressourcennutzung hat mittlerweile ein Niveau erreicht, welches die Tragfähigkeit der Erde übersteigt“, konstatierte Mathis Wackernagel, Präsident des Global Footprint Network, anlässlich der ersten österreichweiten Tagung zum Thema Ressourcenverbrauch im Jahr 2015. Im Jahr 2018 hat die Weltbevölkerung bereits am 1. August – dem Earth Overshoot Day – den Jahresvorrat an erneuerbaren Ressourcen aufgebraucht.

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Ressourceneffiziente Gemeinde (c) Putzkers Grafikteam/Lukas Kaspar, Caroline Klima. Idee: Carina Rumpold

Beitrag im kommunalen Zukunftsbericht 2019 zur „Ressourceneffizienten Gemeinde“

„Die globale Ressourcennutzung hat mittlerweile ein Niveau erreicht, welches die Tragfähigkeit der Erde übersteigt“, konstatierte Mathis Wackernagel, Präsident des Global Footprint Network, anlässlich der ersten österreichweiten Tagung zum Thema Ressourcenverbrauch im Jahr 2015. Im Jahr 2018 hat die Weltbevölkerung bereits am 1. August – dem Earth Overshoot Day – den Jahresvorrat an erneuerbaren Ressourcen aufgebraucht. Ab diesem Zeitpunkt waren wir auf einen Kredit der Erde angewiesen und zehrten von deren Reserven. Geht man vom Trend der aktuellen weltweiten Nachfrage nach Rohstoffen aus, würden im Jahr 2050 die Ressourcen von drei Planeten benötigt werden.

Aufgrund dieses hohen Materialkonsums und der steigenden Nachfrage bei gleichzeitiger Verknappung wird die Regenerationsfähigkeit der Natur zu einem limitierenden Faktor für die Wirtschaft. Die entscheidende Frage lautet daher: Reichen die vorhandenen Ressourcen aus, um all das bereitzustellen, was wir konsumieren und verbrauchen, oder wird ein Ressourcendefizit zum Risiko?

Würde die gesamte Weltbevölkerung so leben wie wir Europäer, so wären bereits fünf Erdbälle dafür erforderlich. Österreich ist in Sachen Ressourcenverbrauch nicht gerade Musterschüler. Beim Materialkonsum liegt es an sechster Stelle, deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 13,5 Tonnen pro Kopf und Jahr. Bis zum Jahr 2050 sollte der Materialverbrauch auf 9,2 Tonnen pro Kopf abgesenkt werden, ohne an Wohlstand verlieren zu müssen. Natürliche Ressourcen sind wichtige Produktionsfaktoren und Grundvoraussetzung für Wohlstand und erfolgreiches Wirtschaften. In Zeiten steigender Preise und erschöpfter Tragfähigkeit ist Ressourceneffizienz daher ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.

Wachstum und Wohlstand müssen so weit wie möglich vom Einsatz natürlicher Ressourcen entkoppelt werden. Ein radikales Umdenken ist erforderlich. Für die Politik bedeutet dies, die Anstrengungen in diese Richtung deutlich zu erhöhen.

Von internationalen Vorbildern lernen

Mit dem World Resources Forum und dem Europäischen Ressourcenforum wurden auf globaler und internationaler Ebene vor einigen Jahren Plattformen geschaffen, die sich mit dem Aufbau und der Verbreitung von Wissen zu Themen der Ressourceneffizienz auseinandersetzen. Die Europäische Union sieht in ihrem Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa zahlreiche Maßnahmen und Aktivitäten vor, welche zum Ziel haben, in allen EU-Mitgliedstaaten das Bewusstsein für Ressourcenschonung zu fördern.

Ressourcen Forum Austria als Antwort

Um über die ökologischen Rucksäcke unserer Lebensstile mehr zu wissen und um neue Ansätze zu einem bewussten und schonenderen Umgang mit Ressourcen aufzuzeigen, wurde im Jahr 2013 das Ressourcen Forum Austria gegründet. Dabei wird das Ziel verfolgt, das international vorhandene Wissen zur Verringerung des Ressourceneinsatzes auf die Regionen Österreichs, insbesondere auf die Gemeinden herunterzubrechen. In den Regionen entsteht die steigende Nachfrage nach Wohn- und Lebensraum, nach touristischer Infrastruktur, nach Arbeitsplätzen oder nach Erholung, weshalb diese besonders im Fokus stehen. Mit dem „Ressourcen Forum Austria“ besteht die Chance, diese internationalen Aktivitäten auf die Region zu projizieren und Lösungsansätze auf regionaler und lokaler Ebene wieder auf die internationale Ebene zu heben. Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft in allen Bereichen von Wirtschaft und Industrie zu thematisieren, Beratungsprogramme zu initiieren und Best-Practice-Beispiele aufzuzeigen sind weitere Schwerpunkt – aufgaben, welche das Ressourcen Forum Austria in Angriff nimmt. Der Weg zu einem ressourceneffizienten Wirtschaften ist ein steiniger. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Gründungsmitglied des Club of Rome, sieht nur in der Entkoppelung des Wohlstandes vom Naturverbrauch den Lösungsansatz. Die Effizienz des Ressourceneinsatzes um den Faktor fünf oder gar zehn zu verbessern, stellt für ihn keine Illusion dar. Wesentlich dabei ist es, den sogenannten „Reboundeffekt“ zu verhindern. Vor allem erfordert es den politischen Willen, Kostenwahrheit bei Rohstoffpreisen einzuführen.

Gemeindebund als Mitstreiter

Als Mitstreiter des Ressourcenforums konnte von Beginn an der Österreichische Gemeindebund mit dem damaligen Präsidenten, Professor Helmut Mödlhammer, gewonnen werden. Gerade in den Regionen und Gemeinden Österreichs spielen Ressourcenfragen eine zentrale Rolle. In den rund 2.100 Gemeinden Österreichs sind täglich von den Verantwortungsträgern Entscheidungen zu treffen, welche Auswirkungen auf den Ressourcenverbrauch haben. Viele Gemeinden haben bereits Anstrengungen unternommen und Vorteile erzielt, welche sich in besserer Umwelt – und damit Lebensqualität für die Bürger niederschlagen. Jene, die noch am Beginn eines solchen Weges stehen, können und sollen von diesen Gemeinden lernen. Erfahrungsaustausch ist daher einer der Schlüsselbegriffe zu mehr Ressourceneffizienz. Die österreichischen Gemeinden repräsentieren den kleinsten gesellschaftlichen Baustein und somit die Schnittstelle von gelebter Politik, Wirtschaft und sozialem Engagement. Genau hier, wo Wohn- und Lebensraum, Arbeitsplätze und Erholung immer stärker nachgefragt werden, besteht besonderes Potenzial für Ressourcenschutz. Umso wichtiger erscheint es deshalb, die Umsetzung für eine weitreichende Ressourceneffizienz frühzeitig und nachhaltig in den Gemeinden zu verankern. Gemeinsam mit dem Österreichischen Gemeindebund und dem Ressourcen Forum Austria hat das damalige Lebensministerium die Studie „Ressourceneffiziente Gemeinde“ durchgeführt und eine Strategie erarbeiten lassen, wie Gemeinden bei den wesentlichen Fragen geholfen werden kann. Einerseits ist der Druck auf den Bodenverbrauch enorm, andererseits geht es um nachhaltige Beschaffung oder interkommunale Zusammenarbeit bis hin zu Fragen der Nutzung der vorhandenen natürlichen Ressourcen, Verkehr, Energie und Bauen. Die Land- und Forstwirtschaft kann in der Frage um die Verknappung von Rohstoffen eine zentrale Rolle spielen. Allein durch einen verstärkten Einsatz von Holz im Baubereich kann ein positiver Beitrag zur Klimadebatte und zur Schonung von Umwelt und Natur geleistet werden. Bewusstseinsbildung ist dabei ein Schlüssel zur Lösung einer der wohl spannendsten Zukunftsfragen. Alfred Riedl, aktueller Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, sieht im Setzen von Prioritäten im eigenen Verwaltungsbereich die Chance, Einfluss auf Art und Umfang der Verwendung von Ressourcen im Gemeindegebiet zu nehmen, wobei es den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern wichtig ist, eine lebenswerte Umgebung für die künftigen Generationen zu schaffen: „Der Weg ist klar. Jetzt liegt es daran, ihn gemeinsam zu gehen“, betonte Präsident Alfred Riedl im Rahmen des Dritten Nationalen Ressourcenforums im Jänner 2019 in Salzburg. Damit der Wandel gelingt, braucht es Erfahrungsaustausch, Vernetzung und Wissensweitergabe. Ziel muss es sein, in der Praxis aufzuzeigen, dass Wohlstand und Entwicklung vom Naturverbrauch erfolgreich entkoppelt werden können. Dazu müssen Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz Teil der Philosophie von uns allen werden. Und dafür steht das Ressourcen Forum Austria! Natürliche Ressourcen sind nicht im unendlichen Ausmaß verfügbar. Effizienz und Effektivität sind und bleiben deshalb das Gebot der Stunde. Österreich ist von Rohstoffimporten aus dem Ausland abhängig. Durch die steigende Nachfrage bei gleichzeitiger Verknappung der Ressourcen steigen aber auch die Preise auf dem Weltmarkt. Eine höhere Ressourceneffizienz ist daher ein wichtiger Kosten- und Wettbewerbsfaktor für Unternehmen. Effizienter und sorgsamer Umgang mit den Ressourcenfördert innovativen Unternehmergeist und ist damit nicht nur nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich. Der geringere Einsatz von Ressourcen je Produkt ist ein Merkmal einer innovativen und wettbewerbsstarken Wirtschaft.

Ressourcenbildung und Erfahrungsaustausch

Ressourcenwissen ist ein zentraler Ansatz für eine nachhaltige Zukunft. Dieses Ressourcenwissen muss in unseren Bildungssystemen stärker verankert werden. Auf spielerische Art und Weise kann heute jedes Kindergartenkind für die Naturwissenschaft begeistert werden. Dies würde uns später Erwachsene bieten, welche in ihre täglichen Entscheidungen stets den Gedanken der Nachhaltigkeit einbinden und den schonenden Ressourceneinsatz mitdenken. Insgesamt geht es darum, in den Bildungssystemen die Durchlässigkeit zu erhöhen und ressourcenbezogenes Wissen in allen Bildungsstufen, von der Volksschule bis zur Universität, zu verankern.

Mit intelligenter Verschwendung die Welt retten

Ein Leben im Überfluss ist möglich – ohne Abfall und mit 100-prozentig recyclebaren Produkten. Das behauptete zumindest Prof. Michael Braungart, der beim Dritten Nationalen Ressourcenforum die Debatte um die Kreislaufwirtschaft anheizte. Braungart geht es um einen Paradigmenwechsel im Umweltschutz, um „nützliche statt weniger schädliche Produkte“ oder – anders ausgedrückt – „die richtigen Dinge zu tun, statt Dinge richtig zu tun.“ Für Gründungspräsident Rudolf Zrost ist die Ressourcenwende eine Verantwortung der Wirtschaft, der Politik und der Bürger. Jeder einzelne von uns ist im Hinblick auf die eigenen Entscheidungen den individuellen Lebensstil und das Konsumverhalten ein Rädchen im gesamten Gefüge. Mit einem starken Netzwerk aller Verantwortungsträger ist die Ressourcenwende zu schaffen und damit das Ziel, mit einer Erde das Auslangen auch für künftige Generationen zu finden, in greifbarer Nähe. Verfolgen wir dieses Ziel gemeinsam.

(RFA/Lienbacher)

(03.09.2019)

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