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Land- und Forstwirtschaft

Ressourceneffizienz & Kreislaufwirtschaft in der Land- und Forstwirtschaft

Ende November 2023 fand der RFA-Arbeitskreis "Ressourceneffizienz & Kreislaufwirtschaft in der Land- und Forstwirtschaft" zum zweiten Mal in diesem Jahr in einem virtuellen Format statt. Nikolaus Lienbacher, Kammeramtsdirektor der Landwirtschaftskammer Salzburg und Vorstandsmitglied des Ressourcen Forum Austria, eröffnete die Veranstaltung und betonte die Bedeutung des koordinierten Meinungs- und Wissensaustauschs zwischen den Vereinsmitgliedern sowie anderen Fachexpert:innen.

Ist Bäuerliche Landwirtschaft nur eine Worthülse oder werthaltige Marke?

Alois Heißenhuber von der TU München-Weihenstephan leitete den Arbeitskreis mit einem aufschlussreichen Impulsvortrag über die Bedeutung und Relevanz bäuerlicher Landwirtschaft ein. Er thematisierte die Vielfalt und Unterschiede in den Größenstrukturen landwirtschaftlicher Betriebe im deutschsprachigen Raum, wobei er beispielhaft auf die Durchschnittsanzahl von Milchkühen in Bayern im Vergleich zu Ostdeutschland einging. Des Weiteren wurden die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen rund um die Ausgestaltung und Erwartungen an die Landwirtschaft beleuchtet. Dabei zeigte er die Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Gegebenheiten und den Erwartungen der Verbraucherinnen hinsichtlich eines verantwortungsvollen Umgangs mit Tieren sowie die Konflikte zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen, Preisdruck in der Lebensmittelindustrie und der Notwendigkeit zur Kostensenkung in der Landwirtschaft auf. Bereits vor rund 50 Jahren wurde in Bayern durch Hans Eisenmann diesbezüglich eine grundlegende Definition der bäuerlichen Landwirtschaft vorgenommen, die durch die Festlegung von Obergrenzen für Produktionsmengen pro Betrieb und die Bindung an Flächen diese zu einer werthaltigen Marke machte.

Faire Märkte, GAP und externe Effekte

Heißenhuber betonte dann faire Märkte, eine auf Ressourcenschonung abzielende gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und die Internalisierung externer Effekte als die zentralen Aspekte einer zukunftsfähigen und ressourceneffizienten Land- und Forstwirtschaft. Faire Märkte bedeuten eine Preisgestaltung, welche die steigenden gesellschaftlichen Ansprüche an die Landwirtschaft durch eine angemessene Abgeltung der entstehenden Mehrkosten vornimmt. Dies wird nur funktionieren, wenn der Anteil von Landwirtschaft und Ernährung an der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung und somit dessen gesamtgesellschaftliche Bedeutung wieder steigt. Zweitens soll die GAP den Fokus auf eine zielgerichtete Finanzierung zur Bereitstellung öffentlicher Güter legen und Landwirt:innen ökonomisch dazu befähigen, aktiv zur Erreichung von Klimaschutz-, Tierschutz-, Bodenschutz-, Luft- und Wasserreinhaltungs- sowie Biodiversitätszielen beizutragen. Heißenhuber betonte hierbei, dass eine Leistungsorientierung anstelle der bisherigen Flächenbindung die Schaffung kleinerer und vielfältigerer Strukturen begünstigen würde. Drittens argumentierte Heißenhuber, dass die (deutsche) Landwirtschaft aktuell noch große externe Effekte (Luftschadstoffemissionen, Wasserbelastungen, Bodendegradation und den Verlust von Biodiversität und Ökosystemleistungen) erzeugt, die bislang unberücksichtigt bleiben. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer umfassenden Neubewertung der externen Kosten und eine entsprechende Anpassung der Politik und Finanzierung im Agrarsektor.

Ressourcenschutz ist multifunktional

Der Ressourcenschutz erweist sich dabei als vielschichtiger Beitrag, der nicht nur den Erhalt verschiedener Aspekte wie Biodiversität, Klima und Wasserschutz gewährleistet, sondern auch ihre wechselseitige Abhängigkeit betont. Boden, Wasser, Klima und Biodiversität sind über den Ressourcenschutz miteinander verknüpft. Zum Beispiel tragen Hecken nicht nur zum Schutz des Bodens bei, sondern spielen auch eine bedeutende Rolle im Klimaschutz. Die Implementierung von Strukturelementen in der Landwirtschaft reduziert nachweislich den Bodenabtrag erheblich. Allgemein lässt sich feststellen, dass die Kosten zur Vermeidung von Bodenerosion weitaus niedriger sind als die Kosten für die Beseitigung von Sedimenten, was die Notwendigkeit und Rentabilität präventiver Maßnahmen unterstreichen.

Kostenwahrheit

Zum Schluss betonte Heißenhuber die zentrale Bedeutung der Frage nach Kostenwahrheit im Zusammenhang mit Lebensmittelpreisen. Der wahre Preis von Lebensmitteln umfasst nicht nur die Produktionskosten, sondern auch externe Kosten, die durch Schäden entstehen und von der Öffentlichkeit getragen werden. Dies bedeutet, dass vermeintlich günstige Lebensmittel letztendlich für die Gesellschaft oft teurer sind, wenn man ihre externen Kosten berücksichtigt. Deshalb ist es entscheidend, dass zukünftige Lebensmittelpreise auch die internalisierten Vermeidungskosten einschließen. Vor dem Hintergrund der enormen externen Kosten, die durch bestehende Produktionsmethoden entstehen, ist eine unveränderte Fortführung des gegenwärtigen Agrar- und Ernährungssystems aus ökologischen, ethischen und ökonomischen Gründen nicht mehr tragbar, so Heißenhuber.

PANNATURA – Ein Mitglied stellt sich vor

Clara Montecuccoli präsentierte im Anschluss die Marke PANNATURA, eine Tochtergesellschaft der Esterhazy Betriebe AG und Mitglied im Ressourcen Forum Austria. Sie zeigte auf, wie eine nachhaltig bewirtschaftete Land- und Forstwirtschaft, die im Einklang mit der Natur agiert und Rücksicht auf Schutzgebiete nimmt, nicht nur ökologisch, sondern auch betriebswirtschaftlich erfolgreich sein kann. PANNATURA fungiert als ein inspirierendes Beispiel dafür, wie sich wirtschaftlicher Erfolg und ökologische Verantwortung miteinander vereinen lassen.

Ökologische Herausforderungen beeinflussen das Handeln

Wie die gesamte Land- und Forstwirtschaft steht auch PANNATURA vor erheblichen Herausforderungen, die durch verschiedene Umweltfaktoren bedingt sind. Die zunehmende Hitze begünstigt das Auftreten von Schädlingen und Krankheiten. Insbesondere wechselwarme Insekten profitieren von höheren Temperaturen, was zu schnelleren Entwicklungszyklen führt. Die anhaltende Trockenheit und die Reduzierung von Niederschlägen führen zu einem Mangel an kontinuierlicher Wasserversorgung, was die Situation zusätzlich erschwert. Die erhöhten Windgeschwindigkeiten stellen eine weitere Herausforderung dar. Zudem nimmt die Häufigkeit von Waldbränden kontinuierlich zu. Diese Faktoren machen deutlich, dass ein innovativer Ansatz in der Flächenbewirtschaftung unerlässlich ist, um diese erfolgreich zu betreiben.

Aktive (Forst-)Bewirtschaftung im Einklang mit der Natur

Die aktive Bewirtschaftung von Wäldern erfolgt bei Pannatura im harmonischen Einklang mit der Natur. Über 30 verschiedene Baumarten werden gezielt gefördert, wobei die Naturverjüngung gezielt vorangetrieben wird. Die Außernutzungsstellung von Flächen sowie die Schaffung diverser Mikrohabitaten und die Förderung von Prädatoren wie verschiedenen Vogelarten gehören ebenfalls zu den Maßnahmen. Es wird nur so viel Holz entnommen, wie tatsächlich nachwächst, während Überhälter belassen und Bodenverwundungen vermieden werden. Besonders im Leithagebirge wird im Rahmen eines Modellprojekts mit dem WWF an Alt- und Totholverbundsystemen gearbeitet, um den Erhaltungszustand von Lebensräumen zu verbessern. Die Anlage von Trittsteinbiotopen über eine Strecke von mehr als 30 Kilometern, welche Biotopbäume, Altholzinseln, und Prozessschutzflächen miteinander verbindet, wird dabei als Schlüssel für die zukünftige Gesundheit des Bodens betrachtet. Dieses Management vereint forstliche und naturschutzfachliche Ziele und dient als herausragendes Beispiel dafür, wie Naturschutzprojekte keinerlei Einschränkung der Wirtschaftlichkeit bedeuten müssen.

Biologische Landwirtschaft im großen Stil: Moderne trifft Tradition

Die biologische Landwirtschaft bei PANNATURA ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie moderne Technologien mit traditionellen landwirtschaftlichen Praktiken kombiniert werden. Schon im Jahr 2002 war PANNATURA als einer der ersten großen Betriebe auf biologische Landwirtschaft umgestiegen und zeigt somit auf, dass diese Umstellung keineswegs ausschließlich kleineren bäuerlichen Betrieben vorbehalten ist. Verschiedene Maßnahmen wurden ergriffen, um die ökologische Vielfalt zu fördern und eine nachhaltige Bewirtschaftung sicherzustellen. Dazu zählten unter anderem eine vielseitige Fruchtfolge mit Fokus auf standortangepasste Sorten, der Einsatz von GPS-Spurführungssystemen für eine ressourcenschonende Arbeitsweise sowie die Nutzung von Rindermist als Dünger. Die Feldkompostierung (inklusive des Schilfmanagements), wurde als Projekt verstärkt vorangetrieben. Zusätzlich wurden naturnahe Randflächen und Biotopverbünde geschaffen sowie über 10% der Nutzflächen für die Biodiversität reserviert. In Bezug auf die Tierhaltung wurden eine Mutterkuhherde, sowie ein mobiler Hühnerstall samt Bio-Hüteziegen zum Schutz vor Greifvögeln umgesetzt. Zudem hat der Betrieb durch Maßnahmen, wie die Errichtung einer „Schlangenburg“, „Beetle Bank“, „Igelinsel“ und „Schwalbenwerkstatt“, zusätzlichen Lebensraum geschaffen. Diese Initiativen zeigen, wie eine biologische Landwirtschaft im großen Stil sowohl traditionelle als auch moderne Praktiken vereint, um ökologische Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit erfolgreich miteinander zu verbinden.

Diskussion – Ressourcen Check für Land- und Forstwirtschaft

In der anschließenden Gruppendiskussion diskutierten Mitglieder und Expert:innen die Notwendigkeit eines qualitativen Online-Self-Assessments-Checks für bäuerliche Betriebe, um diesen die Möglichkeiten und Chancen einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen mitzugeben. Ein Ressourcen Check für die Land- und Forstwirtschaft als Ampelsystem für eine Selbstevaluierung und Potentialanalyse wurde seitens der Teilnehmer:innen begrüßt. Das Ressourcen Forum Austria wird mit Kooperationspartner:innen dahingehend die nächsten Schritte unternehmen und dabei auf bestehende Projekte und Werkzeuge, wie u.a. den energieeffizienten Bauernhof Rücksicht nehmen.

Take Home Messages:
  • Land- und Forstwirtschaft lebt von der Natur und von ertragreichen Böden.
  • Die Landwirt:innen befinden sich gegenwärtig in einem Spannungsfeld zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen und den Marktbedingungen mit ihrem Druck auf niedrige Preise. Eine faire Abgeltung unter Berücksichtigung der internalisierten externen Effekte ist daher dringend erforderlich.
  • Dabei zeigt sich, dass die Größe eines land- und fortwirtschaftlichen Betriebs nicht zwangsläufig über die notwendige ressourcenschonende Wirtschaftsweise bestimmt. Relevant sind die Maßnahmen, die gesetzt werden, um Flächen gesund zu halten und nicht die Größe des Betriebs.
  • Eine nachhaltige Bewirtschaftung ist unerlässlich, um die Gesundheit der Flächen zu erhalten. Anpassungen an den Klimawandel, eine ressourcenschonende Nutzung sowie die Betreuung der gesamten Wertschöpfungskette sind von großer Bedeutung.

(10.12.2023)

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