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Produzierende Wirtschaft

Wie können Organisationen authentisch nachhaltig prosperieren?

Die heutige Gesellschaft steht vor einer der größten Herausforderungen ihrer Zeit: Die ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, um Klimawandel und Umweltzerstörung aufzuhalten und Lebensqualität und Wertschöpfung innerhalb der planetaren Grenzen zu ermöglichen. Angesichts der globalen Probleme rücken Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschutz immer mehr in den Fokus von Unternehmen und Organisationen. Doch wie können diese auf authentische Weise nachhaltig wirtschaften und gleichzeitig erfolgreich sein? Diese Frage diskutierten Reinhard Schneider, geschäftsführender Gesellschafter von Werner & Mertz, Harald Hauke, Vorstandssprecher Altstoff Recycling Austria AG und Harald Friedl, Global Circular Activist zusammen mit Moderator Nikolaus Lienbacher und brachten ihre langjährige Erfahrung und Expertise ein, um Lösungsansätze für eine nachhaltige und zugleich prosperierende Wirtschaft zu erörtern.

Kreislaufwirtschaft ist kein Trend

Reinhard Schneider, als treibende Kraft hinter Werner & Mertz, teilte mit dem Publikum das langjährige Engagement seines Unternehmens für Nachhaltigkeit und die dahinterliegenden Motivationen. Er betonte, dass Werner & Mertz bereits seit 1986 „grüne“ Frosch-Reinigungsprodukte nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft herstellt – lange bevor das Thema Kreislaufwirtschaft in der Breite von Politik und Wirtschaft ankam. Wichtig sind dabei drei Kriterien: das Schließen des Kreislaufs der Ressourcen, die Qualität dieses Kreislaufs sowie ein geringer Energieeinsatz. Ein Vorteil so Schneider sei als Familienunternehmen mit längeren Planungshorizonten agieren zu können. Dies unterstütze bei der Zusammenführung von ökologischer Sinnstiftung und ökonomischen Mehrwert. Ihre Entschlossenheit, mit gutem Beispiel voranzugehen, wurde von dem Verständnis angetrieben, dass eine Kreislaufwirtschaft keine vorübergehende Modeerscheinung ist, sondern eine grundlegende Notwendigkeit für die Zukunft. Ein überzeugendes Argument für die Wirksamkeit der Kreislaufwirtschaft besteht darin, dass sie ohne großen Verzicht auskomme, so Schneider. Auch seine beiden Diskussionspartner Harald Hauke und Harald Friedl waren sich einig, dass Kreislaufwirtschaft die einzige Möglichkeit ist, unsere Wirtschaft und Gesellschaft in eine ressourcenschonende Zukunft zu führen.

Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit und Ressourcenschutz

Harald Hauke unterstrich die Bedeutung der Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit und Ressourcenschutz. Außerdem wies er auf die Notwendigkeit hin, Kreislaufwirtschaft messbar zu machen. Denn nur was gemessen werden kann, kann auch gesteuert werden. Deshalb beauftragt die Altstoff Recycling Austria regelmäßig Untersuchungen zum Thema Kreislaufwirtschaft, unter anderem den Circular Gap Report, der 2019 zum Schluss kam, dass Österreich erst zu 9,7% zirkulär ist. Das Circular Economy Barometer – zum Status von Aktivitäten, Investitionen und Planungen rund um die Kreislaufwirtschaft – zeigt aber, dass der Anteil der Unternehmen, die Kreislaufwirtschaftsmaßnahmen setzen, kontinuierlich steigt. Hauke führt dies auf eine zunehmende Wahrnehmung der Kreislaufwirtschaft als Wettbewerbschance zurück. Harald Friedl brachte in der Diskussionsrunde weitere Aspekte zur Sprache. Er betonte, dass angesichts der multiplen Krisen besonders gesamtgesellschaftliche Zusammenarbeit und Kollaboration zwischen Betrieben und Institutionen für das Gelingen einer Kreislaufwirtschaft essenziell seien. Denn nur gemeinsam finden wir heraus, was wirtschaftlich machbar ist um das gesellschaftlich und ökologisch Notwendige umzusetzen. Eine besondere Rolle wird hierbei die junge Generation spielen, deren Zukunft auf dem Spiel steht. Denn ohne Kreislaufwirtschaft ist eine Netto-Null-Industrie und damit glaubwürdiger Klimaschutz nicht möglich. Friedl betonte zudem, dass die Kreislaufwirtschaft eine Entwicklungschance darstellt, insbesondere für eine exportorientierte Industrie.

Green Claims für mehr Ehrlichkeit

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion lag auf der Notwendigkeit von Ehrlichkeit und Authentizität bei der Kommunikation von Nachhaltigkeits- und im besonderen Kreislaufwirtschaftsmaßnahmen. Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass Greenwashing, also das bloße Behaupten von Nachhaltigkeit ohne entsprechende Taten, vermieden werden muss. Reinhard Schneider, bekannt für sein Engagement gegen Green- und Circularwashing, diskutierte die Bedeutung der Aufdeckung der verborgenen Tricks, die den ökologischen Fortschritt behindern. In seinem kürzlich erschienenen Buch „Die Ablenkungs-Falle“ betont er die Wichtigkeit von Transparenz und Authentizität bei Umweltinitiativen und äußerte starke Bedenken hinsichtlich bestehender Klimaneutralitätslabels und der Praxis CO2-Emissionen zu kompensieren. Zu oft sind Aussagen zur Klimaneutralität Konsumententäuschung, da Scope 3-Emissionen nicht berücksichtigt werden, so Schneider. Harald Hauke pflichtete bei, dass nur mit transparenten und überprüfbaren Nachhaltigkeitskennzeichnungen, bei den Verbrauchern Vertrauen aufgebaut werden kann.

“Wenn Sie Ihrem Beichtvater sagen, dass Sie alle Sünden gestehen außer den schwerwiegenden, und Sie hätten gerne die Absolution, beim Thema Buße aber einen großen Rabatt – so ähnlich ist es derzeit beim Ausloben von Klimaneutralität bei vielen Unternehmen und Produkten.“

Reinhard Schneider , geschäftsführender Gesellschafter von Werner & Mertz

Institutionelle Verankerung im Betrieb

Abschließend wurde die institutionelle Verankerung der Kreislaufwirtschaft im betrieblichen Kontext eindringlich diskutiert. Die Teilnehmer betonten, dass Kreislaufwirtschaft nicht nur eine Frage der Produkte und Prozesse sei, sondern eine grundlegende Veränderung der Unternehmenskultur erfordere. Harald Friedl bekräftigte die Bedeutung von Führungskräften, die den Wandel vorantreiben und Mitarbeiter:innen sowie Lieferanten:innen in den Transformationsprozess einbeziehen. Eine glaubwürdige Verortung des eigenen Unternehmens in der Kreislaufwirtschaft sei auch eine wichtige Employer Branding Maßnahme und helfe in Zeiten des Fachkräftemangels beim Recruiting deutlich, ergänzte Reinhard Schneider. Die Podiumsdiskussion unterstrich die Dringlichkeit der Annahme nachhaltiger Praktiken und die Notwendigkeit für Organisationen, Kreislaufwirtschaftsprinzipien nicht nur zu diskutieren, sondern umzusetzen.

Take Home Messages
  • Kreislaufwirtschaft ist kein vorübergehender Trend, sondern ein notwendiger Schritt zur Bewältigung der ökologischen Herausforderungen.
  • Die Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit und Ressourcenschutz ist möglich und bietet langfristige Vorteile für Unternehmen.
  • Authentizität, Transparenz und Vertrauen sind entscheidend, um nachhaltige Maßnahmen glaubwürdig zu kommunizieren und Greenwashing und Circularwashing zu vermeiden.
  • Kreislaufwirtschaft muss als ganzheitliche Unternehmens- und Gesellschaftsstratgeie verstanden werden: narrow, slow, circular!
Fünftes Nationales Ressourcenforum
  • Dieser Text ist eine Zusammenfassung einer Paneldiskussion am Fünften Nationalen Ressourcenforum, welches im Mai 2023 in Salzburg stattfand.
  • Mehr Informationen zum Fünften Nationalen Ressourcenforum finden Sie hier.

(25.08.2023)

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