Materialeffizienzlabor – Lessons Learned
Am 3. September 2020 stellten die Projektpartner Ressourcen Forum Austria und die STENUM GmbH in einem Webinar vor Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung aus dem ganzen D-A-CH-Raum die zentralen Erkenntnisse des Projekts Materialeffizienzlabor vor.
Erkenntnisse für die betriebliche Praxis und Förderung von Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft
Das Projekt Materialeffizienzlabor mit dem Globalziel die Ressourceneffizienz in österreichischen Produktionsbetrieben zu fördern, lief von 2018 bis 2020 wurde vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, vertreten durch die Kommunalkredit Public Consulting GmbH beauftragt.
In seinem einleitenden Impuls verwies Andreas Van-Hametner, Ressourcen Forum Austria neben den ökologischen Konsequenzen hohen Ressourcenverbrauchs vor allem auch auf dessen ökonomische Herausforderungen für produzierende Unternehmen:
- Hohe Materialkostenanteile im verarbeitenden Gewerbe,
- Preisschwankungen und
- Versorgungsunsicherheiten und Knappheiten
Hintergründe und Motivation des Projekts
Das Ziel der Ressourcenwende können nur durch einen Mix der interdependenten Strategien Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und Product-as-a-service erreicht werden. Nach wie vor gibt es internationalen Studien gemäß ein großes Sparpotenzial durch Effizienzsteigerungen im Materialbereich, bislang aber nach wie vor eine zu geringe Umsetzung. Ressourceneffizienz ist aufgrund seiner Komplexität vieler betroffener Unternehmensprozesse schwer greifbar und bedarf einer hohen Diversität an Lösungen. Zudem ist Material als Kostenfaktor nach wie vor zu wenig sichtbar.
Deshalb braucht es, um das Thema Ressourceneffizienz verstärkt in die österreichische Wirtschaft zu tragen ein größeres Bewusstsein in Unternehmen, bei Beratern und öffentlichen Institutionen, Werkzeuge zur Analyse um Ressourceneffizienzpotentiale greifbarer zu machen und das Verständnis, dass dieses Maßnahmen nicht (nur) Umweltförderung, sondern auch Wirtschaftsförderung sind. Hier setzte das Projekt Materialeffizienzlabor ein.
Ressourcen Check
Johannes Fresner, STENUM GmbH, stellte dann im Detail den im Projekt Materialeffizienzlabor erstellten Ressourcen Check, ein Tool zur Analyse und Identifikation von Potenzialen zur Steigerung der Ressourceneffizienz entlang des Produktlebenszyklus vor.
Der Ressourcen Check ist ein Excel Tool mit 47 Fragen und behandelt folgende Bereiche:
- Unternehmensstrategie: Die strategische Ausrichtung des Unternehmens, inkl. der Ermittlung der strategischen und operativen Risiken.
- Managementsystem: Die Umsetzung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses für Qualität, Umwelt, Energie- und Personalmanagement.
- Produktionsprozesse allgemein: Die Optimierung des Produktionsprozesses durch die Identifikation von Ineffizienzen in den Bereichen: Roh- und Hilfsstoffe, Energie, Wasser und Abwasser. Ziel ist es die Materialverluste, die Emissionen, den Wasser- und Energieverbrauch zu reduzieren.
- Branchenspezifische technologische Prozesse: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt berücksichtigt der Ressourcen Check die Prozesse der Kunststoff- und Metallverarbeitungsbranche.
- Lebenszyklus und Ökodesign: Die Wiederverwendung und Kreislaufführung von Materialien und unterstützende Geschäftsmodelle.
10 Potenzialanalysen – 87 Ideen zur Steigerung der Ressourceneffizienz
In der zweiten Projektphase wurden 10 Potenzialanalyen mit produzierenden Unternehmen durchgeführt. Für jedes Unternehmen wurde ein Bericht erstellt und mit dem Unternehmen besprochen. Im Bericht wurden u.a. die Beobachtungen dokumentiert und Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz dargestellt. In Summe wurden bei den 10 teilnehmenden Unternehmen 87 Maßnahmen identifiziert. Die Unternehmen waren teilweise überrascht über die Ergebnisse der Potenzialanalysen. Im Rahmen des Webinars stellte Johannes Fresner einige dieser sehr unterschiedlichen Maßnahmen vor, welche durch die teilnehmenden Betriebe umgesetzt werden.
Erkenntnisse und Vorschläge für weiteres Vorgehen
Im Anschluss skizzierte Andreas Van-Hametner die synthetisierten Erkenntnisse aus den Potenzialanalysen und gab einen Ausblick auf die zukünftigen Herausforderungen. Anzumerken ist hierbei allerdings, dass aufgrund der kleinen Stichprobe teilnehmender Betriebe keine Repräsentativität der Ergebnisse gegeben ist.
Potentiale für Effizienzsteigerungen gab es in allen teilnehmen Pilotbetrieben, allerdings keine low-hanging fruits. Realistisch sind somit zwischen 5-10% Materialeinsparung möglich. Große Relevanz weisen dabei die Transformation von Geschäftsmodellen wie Lieferketten auf.
Branchenbedingt hohe Abfallquoten von bis zu 80% sind gegeben. Kreislaufwirtschaftliche Ansätze sind aufgrund besonderer Materialeigenschaften, geringer Mengen, teuren Transporten, fehlender Aufbereitungsmöglichkeiten und billiger Primärressourcen eine Herausforderung.
Materialkosteneinsparungen sind aufgrund fallender Marktpreise aktuell nicht oberste Priorität bei Unternehmen. Zudem schätzen sie die Kosten/Nutzen-Relation von Optimierungen häufig als zu niedrig ein. Außerdem wird der Themenkomplex Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft noch vorwiegend durch die Umweltbrille betrachtet und nicht aus der Perspektive der Geschäftsentwicklung. Die betriebliche Praxis und Förderung von Ressourceneffizienz steht deshalb vor folgenden Herausforderungen:
- Komplexität und Diversität der Problemstellungen
- Hoher Detaillierungsgrad der Analyse notwendig
- methodisches und systematisches Vorgehen nicht üblich;
- Kennzahlen selten verwendet
- monetärer Wert von Abfällen oft nicht bekannt
- Informationsfluss und Vernetzung intern verbesserungswürdig
- Grenzen gewachsener Anlagen und Strukturen
- Mitarbeiter als Innovatoren zu wenig aktiviert
- Vorgaben in Lieferketten
Hinzu kommen die Unsicherheiten der aktuellen COVID-19-Krise. Zur Förderung von Ressourceneffizienz in österreichischen Betrieben braucht es deshalb kontinuierliche Kommunikation, auf dem Ressourcen Check aufbauende Analysewerkzeuge und den Aufbau eines Netzwerks ressourceneffizienter Betriebe. Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft müssen als Innovation begriffen werden, für deren Entwicklung ein Austausch unterschiedlicher Akteure und die Bildung einer kritischen Massen zur Förderung von Spillover-Effekten notwendig ist.
“Man kann es kaum glauben, dass es doch noch so viele Verbesserungspotentiale gibt!“
teilnehmender Unternehmensvertreter
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(13.09.2020)