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Gemeinden

Ökostraße Ober-Grafendorf

Zusammenfassung

In der Marktgemeinde Ober-Grafendorf geht die Straße neue Wege. Häufige und intensivere Niederschläge erzeugen auf undurchlässigen Oberflächen kleinräumige Überflutungen, Überlastungen von Kanalisation und Kläranlagen sowie steigende Kosten für deren Erhaltung und Wartung. Ausgedehnte Hitze- und Dürreperioden wiederum erhöhen den Aufwand für Bewässerung und Pflege von Grünflächen. Die Antwort der Gemeinde Ober-Grafendorf ist das Projekt mit einer innovativen Technologie zum Regenwassermanagement. (rethink)

Ober-Grafendorf

Gemeinde

4.600

Einwohner:innen

2015

Projektumsetzung

Handlungsfeld & Kreislaufwirtschaftsprinzip

(Ab)-Wasser-Kreisläufe schließen | Kreislauffähig Bauen & Böden effizient nutzen

Handlungsfeld(er)

Intelligent nutzen! | Lebensdauer verlängern!

Prinzip(ien)

“Die Ökostraße hat viele Vorteile und beinahe keine Nachteile. Eine hohe Retentionswirkung bei Starkregenereignissen, ohne ein großes Auffangbecken bauen zu müssen.“

DI (FH) Rainer Handlfinger , Bürgermeister Gemeinde Ober-Grafendorf

Bürgermeister DI (FH) Rainer Handlfinger trat dafür an seinen langjährigen Partner der Marktgemeinde, die Gärtnerei Anton Rath, heran. Die Ökostraße wurde gemeinsam entwickelt und in einem neuen Siedlungsgebiet von Ober-Grafendorf (Buchenstraße) auf einer Länge von rund 100 Metern umgesetzt. Neben der Marktgemeinde und Anton Rath waren die Zenebio GmbH und die Universität für Bodenkultur Wien mit zwei Instituten bei der Realisierung involviert.

Die Grundlage der Ökostraße bildet das eigens entwickelte Draingarden® System, ein intelligentes Regenwassermanagement, welches durch optimale Zusammenarbeit von Bodensubstrat und Pflanzen in den Grünflächen funktioniert. Die Draingarden®-Grünflächen sollen eine Verringerung des versiegelten Querschnittes in Wohnstraßen gewährleisten. Dies bedeutet für die Gemeinde aktiven Bodenschutz durch Verringerung der Bodenversiegelung, eine Schonung und effizientere Nutzung von Wasserressourcen, sowie eine Energieersparnis (reduce).

Maßnahmen

Das große Ziel ist es, die Versiegelung zu reduzieren sowie das Regenwasser als Oberflächenwasser von Siedlungsstraßen nicht mehr schnellstmöglich in einen Kanal abzuleiten, sondern in speziell dafür entwickelte Grünflächen einzuleiten, welche direkt an die Siedlungsstraße angrenzen. Dadurch bleibt das Regenwasser pflanzenverfügbar (repurpose). Hochwasserschutz kann auf gleich hohem Niveau, wie bei konventioneller Technik garantiert werden. Durch das Speichern in diesen Flächen wird das örtliche Kanalnetz entlastet. Dies bringt ökonomische Vorteile für die Gemeinde. Das Regenwasser muss nicht mehr energieaufwendig in Kläranlagen gereinigt werden, sondern kann vor Ort von Pflanzen genutzt werden, was eine Reihe von Vorteilen bringt. Durch die Bepflanzung besteht ein ganzjähriges Blühangebot für Insekten. Bienen lieben die Ökostraße.  Der Aufwand für die Pflege ist gering, da die Sträucher nur einmal pro Jahr geschnitten werden müssen. Auch Aufwand und Kosten für die Bewässerung sind niedriger.

Ergebnisse

Es war ein wissenschaftliches Experiment, dessen Leistungsparameter kontinuierlich überwacht wurden. Man vermeidet Investitionskosten, die sonst für den Bau von Abwasserrohren bzw. für die Installation eines sauberen Wasserablaufs erforderlich wären und reduziert die Betriebskosten für die Instandhaltung der Kanalisation, das Abpumpen der Kanalisation bei Überschwemmungen und die Abwasserbehandlung. Die Kosten für den Untergrund für einen m3 betragen ca. 100 €. Je nach Pflanzenauswahl reichen die Anbaukosten von 2 €/m2 für die Aussaat bis zu mehreren tausend Euro/m2 für die Pflanzung großer Gehölze. Die Kosten für Straßenbauarbeiten und Straßenplanung unterscheiden sich nur unwesentlich von Standardlösungen, da das System in Bereichen implementiert wird, die ohnehin für konventionelles Grün am Straßenrand verwendet worden wären. Es gibt eine Verdunstungsleistung von 600 l pro m Straße. Für die Gesamtlänge der Ökostraße von 300 m bedeutet dies eine Verdunstungsleistung von 180.000 l.

Starkregenereignisse: Eine Überlastung der Kanalsysteme wird verhindert und es kommt zu einer Reduzierung der Hochwasseranfälligkeit in der Region durch Zurückhalten von Oberflächenwässer (Verminderung der Abflussspitzen).

Trockenperioden: Oberflächenwasser wird nicht mehr nur versickert, sondern es wird durch spezielle Substrate die Speicherfähigkeit des Bodens stark erhöht und das Wasser für Trockenperioden in der Oberfläche (ca. 500 Liter pro Kubikmeter Erde) gehalten.

Vermeidung von Hitzeinseln: Das Mikroklima wird positiv beeinflusst durch die Reduktion von Oberflächenversiegelung, das Speichern von Regenwasser und die Mikroklimatische Kühlung durch Verdunstung im Sommer (Kühlung der Umgebungstemperatur).

Natürliche Wasserreinigung: Eine natürliche Wasserreinigung erfolgt durch das Zusammenwirken von Bodeneigenschaften, Bodenleben (Mikro- und Makroorganismen) und Pflanzen (Filterwirkung durch das Wurzelsystem – Oberflächenwasser gelangt sauberer in das Grundwasser).

Zukünftig sollen alle neuen Gemeindestraßen, wo es möglich ist, mit dem Draingarden® System realisiert werden.

Auszeichnungen:

  • Austrian Energy Globe Award
  • Climate Star 2016
Draingarden® in Ober-Grafendorf
Draingarden® in Ober-Grafendorf; Bildnachweis: zenebio
Handlungsempfehlungen
  • Breite und gerade Gemeindestraßen sind nicht nur ökologisch zu überdenken, sie laden auch zum Rasen ein. Daher sollte man die Straßenquerschnitte überdenken. Schmälere Fahrbahnen reduzieren die Geschwindigkeit und bieten die Möglichkeit für mehr Grünraum neben der Fahrbahn.
  • Dies reduziert nicht nur die Errichtungskosten, sondern ermöglicht viel Lebensraum für unzählige Tiere, der sonst im Straßenbereich nicht vorhanden ist.
  • Dunkler Asphalt erhöht die Oberflächentemperatur gerade im Hochsommer und schafft zusätzliche Hitzeinseln. Der Grünraum hingegen reduziert durch Verdunstungskühlung die Umgebungstemperatur.
  • Oberflächen Regenwasser in den Kanal einzuleiten und dadurch nicht dem Grundwasserkörper zuzuführen wird bei immer trockeneren Sommermonaten eher kontraproduktiv sein. Es wird in Zukunft auch für die Vegetation essenziell werden, soviel Wasser wie möglich zurückzuhalten und zu versickern.
  • Wichtig ist eine gute Berechnung der Sicker- und Speicherleistung, um bei Starkregenereignissen gut gerüstet zu sein.

Kontaktdaten für Rückfragen

DI (FH) Rainer Handlfinger Bürgermeister Gemeinde Ober-Grafendorf
https://gemeinde.ober-grafendorf.gv.at/projekte/oekostrasse/ gemeindeamt@ober-grafendorf.at

Praxisbeispielsammlung finanziert von:

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